Konfliktvorsorge – Gesellschafterstreit vorbeugen
durch optimierte GmbH Satzung

Regelmäßig haben fehlerhafte Regelungen gravierende und negative Folgen, daher ist eine Konfliktvorsorge durch eine optimierte Satzung anzustreben
Rechtsanwalt Jörg Streichert
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
  • Die Regelungen des GmbHG zur Gesellschafterversammlung und zur Herbeiführung von Beschlüssen sind unzureichend.
  • Was im Idealfall des einträchtigen Zusammenwirkens der Gesellschafter von Vorteil ist, führt erfahrungsgemäß bei Streitigkeiten zu einer Erweiterung der bestehenden Konflikte.

Streitige Auseinandersetzungen in GmbHs haben ihre eigentliche Ursache zwar regelmäßig nicht in der Gesellschafterversammlung oder deren Verfahren. Es ist aber die Gesellschafterversammlung, in der Konflikte typischerweise eskalieren, oder es sind Entscheidungen der Gesellschafterversammlung – Beschlüsse –, an denen sich schwelende Konflikte entzünden.

Keine Gesellschaftsvertragsklausel wird Interessengegensätze im Gesellschafterkreis verhindern können. Ziel muss es deshalb vielmehr sein, die Eskalation von Verfahrensstreitigkeiten weitestgehend zu vermeiden, indem Konfliktvorsorge betrieben wird. Durch Klarstellung und Verfeinerung der gesetzlichen Bestimmungen zu Gesellschafterversammlungen in der Satzung der Gesellschaft wird dieses Ziel greifbar. In diesem Beitrag stelle ich daher die Möglichkeiten einer Konfliktvorsorge  anhand der neueren Rechtsprechung dar.

Sofern eindeutige Regelungen in der Satzung fehlen gilt – mangels eindeutiger Regelungen im GmbHG – „Richterrecht“. Dieses „Richterrecht“ unterliegt der stetigen Veränderung und ist damit in der Beratungspraxis nur schwer vorherzusagen.

  • Es empfiehlt sich daher, die eigene Satzung insoweit zu überprüfen oder von einem Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht überprüfen zu lassen.

A. Leitfaden zur Vorbereitung und Durchführung einer GmbH-Gesellschafterversammlung (unter dem Aspekt der Konfliktvorsorge)

I. Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung

  • Ist Gesellschafterversammlung zuständig?
  • Die Zuständigkeit ergibt sich von Gesetzes wegen?
  • Die Zuständigkeit ist per Gesellschaftsvertrag statuiert?
  • Die Maßnahme/Entscheidung fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich der Geschäftsführung?

II. Ordnungsgemäße Ladung

  • Rechtzeitige Einberufung durch das entsprechende Organ?
  • Einladung an alle Teilnahmeberechtigten (insbesondere alle Gesellschafter)?
  • Einladung auch an sonstige Personen (z. B. Berater/Beirat)?
  • Formgerechte Einladung (z. B. per Einwurf-Einschreiben)?
  • Fristgerechte Einladung?

III. Organisation

  • Wahl eines Versammlungsleiters?
  • Wahl eines Protokollführers?
  • Beteiligung eines Notars erforderlich?
  • Welche schriftlichen Unterlagen sind vorzubereiten?

IV. Anwesenheit

  • Wer ist anwesend?
  • Wer ist per Vollmacht vertreten?
  • Sonstige Anwesende (z.B. Gäste, Berater)?
  • Anzahl der anwesenden bzw. vertretenen Stimmen?

V. Abstimmung

  • Liegen Beschlussanträge vor?
  • Welcher Beschlussinhalt (Formulierung)?
  • Wie werden die Abstimmungen durchgeführt?
  • Stimmrechtsausschlüsse?
  • Welche Stimmenmehrheit ist erforderlich bei jeweiligem Beschluss?
  • Ordnungsgemäße Protokollierung?
  • Wurden Beschlussergebnisse festgestellt?

VI. Nachbereitung

  • Wurde das Versammlungsprotokoll versandt?
  • Wurde der Protokollinhalt genehmigt?
  • Wurden die Beschlüsse umgesetzt?
  • Sind HR-Anmeldungen erforderlich?
  • Wurde die Anfechtung von Beschlüssen geprüft?
  • Ist die Unterrichtung z.B. des Geschäftsführers erfolgt?

B. Möglichkeiten der Konfliktvorsorge in der Satzung

I. Unzureichende gesetzliche Verfahrensbestimmungen

Die Notwendigkeit einer umfassenden Regelung in der Satzung folgt daraus, dass die gesetzlichen Vorschriften zur Einberufung und Durchführung von GmbH-Gesellschafterversammlungen in §§ 48 ff. GmbHG fragmentarisch und darüber hinaus bisweilen missverständlich sind.

Die hierin enthaltenen Regelungen stellen kein praktikables und rechtssicheres Verfahren zur Verfügung und stehen einer Konfliktvorsorge eher im Wege.

Das Gesetz bestimmt in § 47 Abs. 1 GmbHG, dass die von den Gesellschaftern in Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen durch Beschlussfassung erfolgen; Beschlüsse werden ausweislich § 48 Abs. 1 GmbHG in Versammlungen gefasst.

Diese grundlegenden Bestimmungen zur Durchführung von Gesellschafterversammlungen sind zwar klar und eingängig – eine für den Gesellschafter verwertbare Aussage erhalten enthalten sie jedoch nicht. Zum konkreten Ablauf einer Gesellschafterversammlung schweigt das Gesetz.

Die an die Geschäftsführer gerichteten Vorschriften zur Einberufung von Gesellschafterversammlungen in §§ 48 ff. GmbHG sind genauer als die Bestimmungen zur Durchführung, bergen aber ein erhebliches Risiko für Missverständnisse.

Als Beispiele seien die unklaren Begriffe „eingeschriebener Brief“ in § 51 Abs. 1 S. 1 GmbHG sowie „zu bewirken“ in § 51 Abs. 1 S. 2 GmbHG und die Regelungen zur „versammlungslosen Beschlussfassung“ in § 48 Abs. 2 GmbHG genannt.

Daneben stoßen Gesellschafter und Geschäftsführer bei vielen sehr naheliegenden Fragen zur Einberufung und Durchführung von Gesellschafterversammlungen auf gänzliches Schweigen des Gesetzes:

  • Können Beschlüsse auch unter Einsatz neuer Medien gefasst werden?
  • Können Stimmen (mit neuen Medien) in die Gesellschafterversammlung übermittelt und dort berücksichtigt werden?
  • Dürfen Gesellschafter ihre Berater mit zur Gesellschafterversammlung bringen?

Auf all diese Fragen gibt das Gesetz keine ausdrücklichen Antworten, und es dürfte dem nicht juristisch vorbelasteten Gesellschafter oder Geschäftsführer kaum möglich sein, die von Rechtsprechung und Literatur entwickelten Lösungen aus dem Gesamtsystem der Vorschriften selbst zu erschließen.

  • Hieraus ergibt sich, dass hinsichtlich des Verfahrens der Gesellschafterversammlung – gerade in konfliktträchtigen Situationen – selbst mit rechtlicher Beratung häufig kein zufriedenstellendes Maß an Rechtssicherheit erreicht werden kann.

Da einige Fragen zur Einberufung und Durchführung von Gesellschafterversammlungen schlichtweg nicht hinreichend sicher geklärt sind, ist auf Grundlage der gesetzlichen Vorschriften mitunter kein Vorgehen möglich, welches das gleiche Maß an Rechtssicherheit wie eine vorsorgende Regelung in der Satzung verspricht.

Es ist daher im Sinne der Rechtsklarheit sowie Rechtssicherheit – und damit im Sinne einer Prozessvermeidung – erstrebenswert, dass sich die im Hinblick auf die bei Einberufung und Durchführung einer Gesellschafterversammlung zu beachtenden Formalien durch die Gesellschafter und Geschäftsführer unmittelbar aus der Satzung selbst ermitteln lassen. Wünschenswert wäre  ein „Fahrplan“ für die fehlerfreie Abhaltung von Gesellschafterversammlungen. Dieser Fahrplan wäre ein aktiver Beitrag zur Konfliktvorsorge. 

Entsprechende Regelungen sollten bereits im Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft getroffen werden, da in diesem Zeitpunkt regelmäßig noch völlig konfliktfreie Ausgangsvoraussetzungen für eine Einigung über Verfahrensfragen herrschen.

Sind derartige Regelungen nicht schon bei der Gesellschaftsgründung in die Satzung aufgenommen worden oder passen die ursprünglich installierten Bestimmungen nicht mehr zu der im Zeitverlauf veränderten Realstruktur der Gesellschaft, empfehlen sich – dringend – Anpassungen!

Diese können aber praktisch nur noch dann mit der erforderlichen Mehrheit ins Werk gesetzt werden, wenn entsprechende Einigkeit im Gesellschafterkreis herrscht, das heißt keine Konflikte schwelen oder gar schon akut geworden sind.

II. Flexibilität bei der Satzungsgestaltung für eine aktive Konfliktvorsorge

Der aus der Lückenhaftigkeit und Unklarheit der gesetzlichen Vorgaben resultierende Gestaltungsbedarf lässt sich mit dem Instrument der Satzungsgestaltung im Grundsatz deshalb ohne weiteres decken, weil die §§ 48 ff. GmbHG ganz überwiegend der Disposition des Satzungsgebers unterliegen.

Es besteht damit ein erheblicher Spielraum für die Konfliktvorsorge durch eine passende Satzungsgestaltung, um Unklarheiten der bestehenden Gesetzesvorschriften zu beseitigen und Regelungslücken der §§ 45 ff. GmbHG zu schließen.

Die Gefahr einer nutzlosen oder gar schädlichen, übertriebenen Formalisierung ist aber vor allem deshalb als gering einzuschätzen, weil auch ein detailliertes Einberufungs- bzw. Durchführungsverfahren als bloße Option vorgehalten werden kann, solange kein tatsächlicher Bedarf besteht, Streitigkeiten im Gesellschafterkreis formalisiert auszutragen.

Die Gesellschafterversammlung kann jederzeit gemäß § 51 Abs. 3 GmbHG unter Verzicht auf sämtliche gesetzliche und gesellschaftsvertragliche Vorgaben bezüglich der Einberufung und Durchführung einer Gesellschafterversammlung fehlerfreie Beschlüsse fassen. Dafür ist lediglich die Anwesenheit oder wirksame Vertretung sämtlicher Gesellschafter erforderlich, die sich mit der Beschlussfassung ohne Rücksicht auf die Nichteinhaltung der Versammlungsformalia einverstanden erklären müssen.

Die Tatsache, dass gerade das Abweichen von den satzungsmäßig vorgegebenen Formalien eine bewusste Entscheidung erfordert, hat den Vorteil, dass derjenige Gesellschafter, der ein formalisiertes Verfahren herbeiführen möchte, sich dieses nicht erst womöglich konfliktverschärfend erkämpfen muss.

C. Grenzen der Gestaltungsmöglichkeiten

I. Teilnahmerecht als unverzichtbares Mitgliedschaftsrecht

Das Recht auf Teilnahme an der Gesellschafterversammlung gehört zum unentziehbaren Kernbereich der Mitgliedschaft jedes Gesellschafters.

Zwar ist nicht jeder Gesellschafter berechtigt, durch Stimmabgabe auf die Ergebnisse von Beschlüssen Einfluss zu nehmen; das gilt namentlich für Inhaber stimmrechtsloser Gesellschaftsanteile sowie für Gesellschafter, die einem Stimmverbot gemäß § 47 Abs. 4 GmbHG unterliegen. Dessen ungeachtet hat aber jeder Gesellschafter ein vom Stimmrecht zu unterscheidendes Recht darauf, seine Interessen in Bezug auf die Willensbildung durch die stimmberechtigten Gesellschafter durch seine Präsenz und Redebeiträge in der Aussprache zu Beschlussgegenständen zu wahren und sich Kenntnis von Abläufen und Inhalten der Beschlussfassung zu verschaffen.

Bei Regelungen in der Satzung ist unverzichtbare Recht aller Gesellschafter auf Teilnahme an Gesellschafterversammlungen unbedingt zu beachten.

Während das Stimmrecht mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters abdingbar ist, so ist das Teilnahmerecht als solches absolut unverzichtbar.

II. Minderheitenrechte

Bei allen Satzungsregelungen im Hinblick auf die Gesellschafterversammlung ist zu beachten, dass damit nicht die spezifischen Rechte von Minderheitsgesellschaftern verkürzt werden dürfen.

Nach herrschender Ansicht handelt es sich bei dem in § 50 GmbHG verbürgten Recht einer mindestens zehnprozentigen Minderheit, die Einberufung einer Gesellschafterversammlung und/oder die Ergänzung der Tagesordnung zu verlangen und notfalls selbst in entsprechender Weise tätig zu werden, um unverzichtbare Bestandteile des Kernbereichs der Mitgliedschaft.

Die Minderheitenrechte in § 50 GmbHG sind dementsprechend satzungsfest, d. h. dürfen statutarisch nur erweitert, nicht aber eingeschränkt werden.

D. Gestaltungsempfehlungen zur Konfliktvorsorge

Als Grundsatz lässt sich festhalten, dass jede Befassung der Betroffenen – d. h. der Gesellschafter und Geschäftsführer – mit dem Verfahren der Gesellschafterversammlung entweder schon bei Gründung oder im späteren Verlauf und und hieraus folgende satzungsmäßige Klarstellungen eine Verbesserung gegenüber der aus den dargelegten Gründen unbefriedigenden gesetzlichen Lage darstellen dürften.

Im Folgenden habe ich einige Aspekte, die in jüngerer Zeit Anlass zu gerichtlichen Auseinandersetzungen gegeben haben bzw. aufgrund der Gepflogenheiten digitaler Kommunikation an Brisanz gewonnen haben, herausgegriffen.

I. Gestaltung der Einberufungsvorschriften

Ausweislich § 51 Abs. 1 GmbHG erfolgt die Berufung der Versammlung durch Einladung der Gesellschafter mittels eingeschriebener Briefe und ist mit einer Frist von mindestens einer Woche zu bewirken.

Fehleranfällige Unklarheiten ergeben sich dabei sowohl hinsichtlich der genannten Form, aber auch der Frist.

  1. Formklarstellungen und Formerleichterungen

Die Auffassung, dass ein „Einschreiben Einwurf“ der Deutsche Post AG dem Formerfordernis des eingeschriebenen Briefes i. S. v. § 51 Abs. 1 GmbHG genügt – d.h. nicht das häufig als Übergabeeinschreiben bezeichnete „Einschreiben“ verlangt wird – darf als herrschend bezeichnet werden.

  • Jegliche Unsicherheit hierüber lässt sich aber durch eine schlichte gesellschaftsvertragliche Klarstellung vermeiden, wonach ein „‘Einschreiben Einwurf‘ oder die Nutzung eines vergleichbaren Kurierdiensts genügt“.
  • Auch empfiehlt es sich, ausdrücklich festzuhalten, dass die persönliche Übergabe gegen Quittung zulässig ist, um Streit darüber auszuschließen, ob mit der Quittierung tatsächlich wirksam auf die Rüge der Verletzung des Formerfordernisses „eingeschriebener Brief“ verzichtet wurde.
  • Schließlich kann auch der einfache Brief als zulässige Ladungsform bestimmt werden.

Deutlich skeptischer ist die ganz überwiegende Meinung in Bezug auf den Einsatz moderner Kommunikationsformen bei der Ladung zur Gesellschafterversammlung. Grund hierfür ist, dass der BGH aus der Bestimmung, die Ladung habe mittels eingeschriebenen Briefes zu erfolgen, die im Gesetzeswortlaut letztlich nicht zum Ausdruck kommende – und schon deshalb fehler- und damit konfliktanfällige – Anforderung ableitet, dass die Ladung die Unterschrift eines Geschäftsführers aufweisen muss.

  • Dem kann bei Verwendung von E-Mail, Messaging-Diensten oder sonstigen modernen (elektronischen) Kommunikationsformen naturgemäß nicht genügt werden. Das Fehlen der Unterschrift führt dabei zur Nichtigkeit – nicht lediglich zur Anfechtbarkeit – gleichwohl gefasster Beschlüsse.
  • Dass diese gesetzliche Rigorosität in Bezug auf die Ladungsform nicht mit der Realität moderner Kommunikation in Einklang steht, bedarf keiner näheren Erläuterung.

Nach herrschender Auffassung ist es jedoch zulässig, sich der Realität zumindest durch Satzungsgestaltung anzunähern. Statutarische Erleichterungen der gesetzlichen Form sind dabei zulässig, solange sie gewährleisten, dass alle Gesellschafter die Möglichkeit haben, sich über die abzuhandelnden Tagesordnungspunkte zu informieren und ihr Teilnahmerecht wahrzunehmen.

  • Sind diese Voraussetzungen erfüllt, bestehen keine Bedenken, die Ladung etwa per Telefon oder E-Mail, durch Verlautbarung auf der Homepage der Gesellschaft sowie über die Messaging-Instrumente sozialer Medien durch eine entsprechende Satzungsklausel zu gestatten.
  1. Ladungsfrist

Anders als der natürliche Sprachgebrauch es für den Geschäftsführer als Rechtsanwender nahelegen mag, ist die Ladung nicht schon bewirkt, wenn sie auf den Postweg gebracht wird; umgekehrt ist es auch nicht zwingend erforderlich, dass sie eine Woche vor der Versammlung i. S. v. § 130 Abs. 1 BGB zugeht.

Bewirkt ist die Einberufung vielmehr mit dem im Normalfall zu erwartenden, vom tatsächlichen Zugangszeitpunkt unabhängigen Zugangszeitpunkt – wovon bei Einschreiben mit Rücksicht auf die übliche Postlaufzeit zwei Tage nach Absendung auszugehen sein soll.

Zweifel und Fehldeutungen des Einberufungsorgans hinsichtlich des unklaren Begriffs des Bewirkens sind insofern ausgesprochen problematisch, als sie bei zeitlich knapper Versendung der Einladungsschreiben leicht zu einer Unterschreitung der vorgeschriebenen einwöchigen Ladungsfrist und damit zur Anfechtbarkeit gleichwohl gefasster Beschlüsse führen kann.

Rechtssicherheit können angesichts dieser praktisch schwer handhabbaren und ungeklärten Rechtsfragen nur klarstellende Satzungsklauseln schaffen.

Bei deren Formulierung ist lediglich darauf zu achten, dass die Ladungsfrist von einer Woche nicht verkürzt oder die mit den gleichen Unsicherheiten behaftete Frist zur Ankündigung der Tagesordnung gemäß § 51 Abs. 4 GmbHG ausgeschlossen wird oder eine Verkürzung der insofern maßgeblichen Dreitagesfrist erfolgt.

  1. Versammlungszeitpunkt

Gelegentlich stellt sich die Frage der Zulässigkeit von Ladungen auf einen Nicht-Werktag als zulässigen Versammlungszeitpunkt. Das Gesetz enthält hierzu keinerlei Regelungen, was zu der letztlich unbestimmten Empfehlung führt, dass eine verkehrs- und ortsübliche Zeit zu wählen ist.

Gerade in Kombination mit der recht kurzen Ladungsfrist von einer Woche kann die Wahl des Versammlungszeitpunkts jedoch eine gravierende Beeinträchtigung des Teilnahmerechts bedeuten – und birgt somit im Einzelfall wahrscheinlich noch größeres Konfliktpotenzial als die geringfügig längere oder kürzere Bemessung der Einladungsfrist.

  • Nach jüngerer obergerichtlicher Rechtsprechung darf die Versammlung aber immerhin nicht auf eine Zeit einberufen werden, zu der ein Gesellschafter, wie das Einberufungsorgan auch weiß, verhindert ist.

Wiederum kann durch eine entsprechende Satzungsregelung Klarheit geschaffen werden. Eine solche Regelung dürfte namentlich dann interessant sein, wenn es erlaubt sein soll, Gesellschafterversammlungen auf Nicht-Werktage einzuberufen.

II. Vorkehrungen zur Nutzung moderner Kommunikationsmittel

Der Einsatz moderner Kommunikationsmittel zur Beschlussfassung ist nur unter engen – in der Praxis deshalb nicht selten verfehlten – Voraussetzungen zulässig. Dies ist in Anbetracht moderner Kommunikationsgepflogenheiten nicht nur kontraintuitiv, sondern aufgrund der Rigorosität, mit der sich das Gesetz bzw. die Rechtsprechung der Zulässigkeit derartiger Kommunikationsmittel bei der Beschlussfassung verweigern, ein ausgesprochen fehleranfälliges und deshalb konfliktträchtiges Areal.

Nach der gesetzlichen Ausgangslage gilt hinsichtlich der Beschlussmodalitäten Folgendes:

  • Entweder werden Beschlüsse gemäß § 48 Abs. 1 GmbHG „in Versammlungen“ gefasst, was physische Präsenz des Gesellschafters oder eines Stellvertreters voraussetzt.
  • Oder sie kommen gemäß § 48 Abs. 2 GmbHG „ohne Versammlung“ zustande, wenn sich sämtliche Gesellschafter in Textform mit der zu treffenden Bestimmung oder mit der schriftlichen Abgabe der Stimmen einverstanden erklären

Diese gesetzlichen Beschlussmodalitäten stehen laut BGH unter Satzungsvorbehalt, nicht jedoch zu ad hoc-Disposition der Gesellschafter, d.h. auch einstimmig können diese im Rahmen der Gesellschafterversammlung nicht geändert werden.

Die Rechtsfolgen der Verwendung unzulässiger Abstimmungsmodalitäten sind fatal. Da schon Ladungsmängel zur Beschlussnichtigkeit führen, muss dies laut BGH erst recht bei Verwendung eines weder statutarisch noch gesetzlich vorgesehenen Beschlussverfahrens gelten. Die Nichtigkeit formlos oder in kombinierter Verfahren gefasster Beschlüsse ist aber endgültig und kann insbesondere nicht durch Zustimmung aller Gesellschafter geheilt werden.

Bedenkenswert sind mit Rücksicht auf die dargelegten Risiken hinsichtlich der gesetzlichen Bestimmungen folgende satzungsmäßigen Regelungsgegenstände:

  • Erleichterung des Formerfordernisses des § 48 Abs. 2 Var. 2 GmbHG, sodass auch nicht-schriftförmige – z.B. textförmige oder auch formlose – Stimmabgaben außerhalb Versammlungen zulässig sind;
  • Zulassung der Beschlussfassung durch Kombination physischer Versammlungen und der sonst (statutarisch) gestatteten Formen der Stimmabgabe;
  • Zulassung der Teilnahme an physischen Versammlungen über moderne Kommunikationsformen, ggf. verbunden mit dem Erfordernis der gesonderten Anmeldung virtueller Teilnahmeformen;
  • Pflicht zu Protokollierung und zum Versand von Abschriften von Beschlüssen, die versammlungslos oder im kombinierten Verfahren gefasst wurden;
  • ggf. Herabsetzung des Einstimmigkeitserfordernisses, das zur Zulassung versammlungsloser Beschlussfassungen erforderlich ist.

III. Regelungen zur Teilnahme von Beiständen

Die hohe Konfliktanfälligkeit von Gesellschafterversammlungen geht mit dem vermehrt geäußerten Wunsch von Gesellschaftern einher, zusammen mit einem Beistand (Steuerberater, Rechtsanwalt etc.) an der Gesellschafterversammlung teilzunehmen.

Während die Vertretung durch einen Dritten vorbehaltlich statutarischer Einschränkungen im Grundsatz ohne weiteres zulässig ist (vgl. § 47 Abs. 3 GmbHG), gilt für den Wunsch zur Begleitung in der Gesellschafterversammlung das Gegenteil:

  • Das GmbH-Gesetz sieht Beistände nicht vor.

Ohne statutarische Grundlage kann die Gesellschafterversammlung zwar mit einfacher Mehrheit die Zulassung von Beiständen beschließen.

Nicht selten werden es aber Minderheitsgesellschafter sein, die einen Beistand hinzuziehen wollen, wobei die Mehrheit diesen Wunsch typischerweise nicht teilen wird.

Es hilft dann auch wenig, dass die Gesellschaftermehrheit aufgrund der Treuepflicht gehalten sein kann, der Zulassung bei besonders schwerwiegenden Entscheidungen zuzustimmen, weil das Beratungsinteresse des Gesellschafters im Einzelfall das Interesse der Gesellschafterversammlung an vertrauensvoller Beratung überwiegt. Die Rechtsprechung, die dies gebietet, dürfte sogar eher geeignet sein, Konflikte über genau diese Verfahrensfrage zu nähren.

Bereits deshalb empfiehlt sich eine statutarische Regelung, deren Möglichkeit von der Rechtsprechung ausdrücklich anerkannt wird:

Diese muss nicht pauschal die Zuziehung von Beiständen zulassen, da dies durchaus zu einer im Sinne der Konfliktvermeidung gerade nicht gewünschten Gefährdung der vertrauensvollen Beratung der Gesellschafter führen kann. Angedacht werden können aber etwa Klauseln, die es gestatten, Beistände durch Minderheitsbeschluss zuzulassen, wobei gegebenenfalls klargestellt werden sollte, dass betroffene Gesellschafter hierbei mitstimmen dürfen.

Ferner kann die Beiziehung von Beiständen nur für bestimmte Beschlussgegenstände zugelassen werden, etwa für Maßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz, für Satzungsänderungen oder den Abschluss von Unternehmensverträgen. Dabei sollte klargestellt werden, dass die Beistände zur Beratung und Abstimmung in Bezug auf diese Gegenstände – aber eben auch nur diese Gegenstände – zugelassen werden.

IV. Bestimmungen zu Versammlungsleitung und Beschlussfeststellungskompetenz

Anders als das Aktiengesetz sieht das GmbHG keinen Versammlungsleiter vor. Existiert hierzu keine Satzungsregelung, wählt die Gesellschafterversammlung selbst ihren Leiter mit einfacher Mehrheit.

Da das GmbH-Gesetz keinen Versammlungsleiter verlangt, fehlt es konsequenterweise auch an einer Bestimmung, wonach Beschlüsse – wie im Aktienrecht (vgl. § 130 Abs. 2 AktG) – der Feststellung bedürfen. Beschlüsse erlangen vielmehr durch die Entscheidung der Gesellschafter über einen Beschlussgegenstand als solche Wirksamkeit.

  • Beschlüsse können aber gleichwohl festgestellt werden – und zwar insbesondere durch den Versammlungsleiter –, was rechtsfolgenseitig weitreichende Konsequenzen hat.

Denn während nicht festgestellte und mit Mängeln – seien es nichtigkeits- oder anfechtungsbegründende Mängel – behaftete Beschlüsse unbefristet mit der allgemeinen Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO angegriffen werden können, erwachsen festgestellte und lediglich mit anfechtungsbegründenden Mängeln behaftete Beschlüsse nach Ablauf der Anfechtungsfrist von einen Monat in Bestandskraft und sind damit unangreifbar.

  • Um Rechtssicherheit zu erlangen und Streitigkeiten über Beschlüsse mitunter lange Zeit nach ihrer Fassung zu vermeiden, liegt es demnach nahe, die Feststellung gefasster Beschlüsse durch einen Versammlungsleiter statutarisch vorzuschreiben.
  • Auch um Kontroversen über die Person des Versammlungsleiters gerade wegen der Beschlussfeststellungskompetenz auszuschließen, empfiehlt sich die statutarische Vorsorge, dass der Versammlungsleiter zu Beginn der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit bestimmt wird.
  • Laut jüngerer obergerichtlicher Rechtsprechung darf nicht ohne weiteres angenommen werden, dass ein von der Gesellschafterversammlung ad hoc bestimmter, d. h. nicht satzungsmäßig vorgesehener Versammlungsleiter auch mit der Kompetenz ausgestattet wurde, Beschlüsse im dargelegten Sinne festzustellen.

Dies sollte daher bei entsprechenden ad hoc-Wahlen ausdrücklich erfolgen und in der Niederschrift entsprechend festgehalten werden, wobei allerdings unsicher ist, welcher Mehrheit die Zuweisung der Beschlussfeststellungskompetenz bedarf.

Diesen Risiken bezüglich der Beschlussfeststellungskompetenz des Versammlungsleiters kann und sollte im Rahmen der vorsorgenden Satzungsgestaltung Rechnung getragen werden, indem statutarisch ausdrücklich bestimmt wird, dass der – ebenfalls nach statutarisch festgelegten Regeln zu bestimmende – Leiter die in der Versammlung gefassten Beschlüsse verbindlich feststellt; eine solche Anordnung sollte mit einer zumindest diesbezüglichen Protokollierungspflicht verbunden werden.

E. Zusammenfassung, Ausblick für eine Strategie zur Konfliktvorsorge

  • Die gesetzlichen Verfahrensanforderungen im Hinblick auf Einberufung und Durchführung von Gesellschafterversammlungen dienen der Verwirklichung der Rechte eines jeden Gesellschafters, insbesondere seines Teilnahmerechts.
  • Die besondere Gefahr der gesetzlichen Verfahrensanforderungen liegt darin, dass sie die Gesellschafterversammlung nur teilweise und sogar missverständlich regeln. Dies ist aber gerade deshalb problematisch, weil Gesellschafter im Regelfall über kein juristisches Fachwissen verfügen.
  • Da Verfahrensmängel zum Angriff davon betroffener Entscheidungen führen können, birgt die Fehleranfälligkeit der Verfahrensanforderungen der §§ 48 ff. GmbHG ein enorm hohes Konflikteskalationspotenzial. Viele Beschüsse sind – vor dem Hintergrund dieser Verfahrenanordnungen und der hierzu ergangenen umfangreichen Rechtsprechung – fehlerhaft und anfechtbar.

Ausweislich § 45 Abs. 2 GmbHG besteht jedoch ein erheblicher Spielraum zur Konfliktvorsorge, durch Regelungen in der Satzung die gesetzlichen Lücken zu füllen und Unklarheiten zu beseitigen. Auf diese Weise kann und sollte im Sinne der Konflikteskalationsvermeidung im Gesellschaftsvertrag ein der tatsächlichen Struktur der Gesellschaft entsprechendes Verfahren zur Einberufung und Durchführung von Gesellschafterversammlungen festgelegt werden, das für die Gesellschafter und Geschäftsführer nachvollziehbar ist und damit Streitpotenzial in Verfahrensfragen möglichst weitgehend reduziert.

Selbstverständlich stehe ich Ihnen auch persönlich für eine umfassende Beratung zur Verfügung.

Gemeinsam mit Ihnen entwickle ich eine auf die Anforderungen Ihres Unternehmens, die jeweilige Gesellschafterstruktur und die aktuelle Rechtsprechung angepasste Satzung oder passe Ihre bestehende Satzung optimal und krisenfest an. Das ist Konfliktvorsorge – rechtlich abgesichert.

Nach oben scrollen