Gerät eine GmbH in die Krise, sind die Aufmerksamkeit
und die Übersicht des Geschäftsführers besonders gefragt
Rechtsanwalt Jörg Streichert
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Sanierung und Insolvenz einer GmbH in der Krise:

Mit den geeigneten Maßnahmen zur rechten Zeit kann der Geschäftsführer versuchen, die angeschlagene Gesellschaft vor der Insolvenz zu retten. Dabei muss er seine gesteigerten Informations-, Sanierungs- und sonstigen Krisenpflichten beachten. Begeht er Fehler, drohen ihm erhebliche Gefahren in Form persönlicher Haftung und Strafbarkeit.

Mein Tätigkeitsbereich “Die Gesellschaft in der Krise” umfasst insbesondere die Beratung und Unterstützung bei

  • wirtschaftlichen Schwierigkeiten einer GmbH.
  • der Frage – Wann ist ein Insolvenzantrag zu stellen? Wann liegt „Insolvenzreife“ vor?
  • bei Fragen zum Insolvenzschutzschirmverfahren nach § 270 a II InsO (ESUG).
  • bei Fragen der Anfechtung in der Insolvenz einer GmbH,
  • sowie der Frage – Insolvenzverfahren – Abweisung mangels Masse, § 26 InsO – welche Rechtsfolgen?

Meine Kanzlei berät und vertritt Sie hinsichtlich der aufgeworfenen Fragestellungen

Ich begleite Sie – sofern erforderlich – sowohl im möglichen Vergleichsverfahren, Insolvenzverfahren und letztlich auch in einem möglichen Strafverfahren.

Zur optimalen Besprechungsvorbereitung sind folgende Unterlagen dringend erforderlich:

♦ GmbH-Vertrag einschließlich Satzung der GmbH, sämtlichen Nachträgen, aktuelle Gesellschafterliste, Geschäftsführerverträge, Stille Gesellschafter, etc.

♦ Aktueller Handelsregisterauszug der GmbH.

♦ Nachweis über Einzahlung Stammkapital (Einzahlungsbeleg, Kontoauszug sowie Kontoauszüge für die Zeit 6 Monate nach Einzahlung).

♦ Debitorenliste mit geordneter Aufstellung der offenen Rechnungen die Sie an Dritte gestellt haben, sofern Sie Forderungen gegen Dritte haben.

♦ Kreditorenliste mit allen Unterlagen zu Ihren Gläubigern (insbesondere Titel, Forderungsaufstellungen, Anspruchsbegründungen).

♦ Laufende Bankverbindungen mit Kontonummern und Anschrift der Bank.

♦ Aktueller Kontostand, Kontoauszüge der letzten 3 Monate.

♦ Lohnabrechnungen, Bescheide Arbeitsamt oder Sozialamt zum Einkommen der letzten 6 Monate, Unterhaltstitel oder Vereinbarung.

♦ Betriebswirtschaftliche Auswertungen des Gewerbebetriebes der letzten vier Jahre bis heute.

♦ Genaue Inventarliste Betriebs- und Geschäftsausstattung und Werkzeuge.

♦ Unterlagen zu Verkäufen von Anlagevermögen in den letzten 12 Monaten.

♦ Kopien von bestehenden Miet- bzw. Leasingverträgen (auch Wohnungs-Mietvertrag).

♦ Kopien der letzten Einkommenssteuerbescheide Erklärungen sowie Jahresabschlüsse und Bilanzen der vergangenen fünf Jahre.

♦ Kfz-Schein und Kfz-Brief, falls Kfz vorhanden.

♦ Sicherungsverträge (Abtretungserklärungen, Sicherungsübereignungsverträge, Pfändungen).

♦ Kopieen aller eventuell bestehenden Sparbücher, Verträge über vermögenswirksame Leistungen, Bausparverträge, Lebensversicherungen.

♦ Unterlagen zu bestehenden Versicherungen (auch Restschuldversicherungen für Bankkredite, Darlehensverträge).

♦ Unterlagen zu Zwangsvollstreckungen und Pfändungen der letzten fünf Jahre.

♦ Aufstellung aller anhängigen Aktiv- und Passivprozesse mit Verfahrensstand.

♦ Angabe der Berufsgenossenschaft samt Mitgliedsnummer.

♦ Gewerbeanmeldungen/ Gewerbeabmeldungen.

♦ Unterlagen zu Genossenschaftsanteilen und sonstigen Beteiligungen.

♦ Schenkungen und Veräußerungen an Angehörige, verbundene Unternehmen oder Gesellschaften in den letzten zwei Jahren.

Über 30 Jahre Erfahrung und Expertise

Aufgrund meiner Berufserfahrung weiß ich, wie Unternehmer und Geschäftsführer denken. Dieses Verständnis für unternehmerische Entscheidungen gewährleistet größtmögliche Lösungskompetenz bei der Bearbeitung gesellschaftsrechtlicher Mandate. Meinen Mandanten kann ich daher umfangreiches Fachwissen und Erfahrung für Lösungen in diesem anspruchsvollen Rechtsgebiet anbieten.

Die GmbH in der Krise – Strategische Überlegungen zur Sicherung der langfristigen Überlebensfähigkeit des Unternehmens.

Diese Kontrolle umfasst in der Regel die Bilanzanalyse, die betriebliche Statistik, den Finanzplan und die Solvenzprognose, dass Unternehmensumfeld und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie die ordnungsgemäße, transparente Organisation der Unternehmensabläufe.

Der Zweck der strategischen Frühaufklärung besteht darin, durch das rechtzeitige Erkennen der Krisensymptome und die Einleitung geeigneter Gegenmaßnahmen die langfristige Überlebensfähigkeit des Unternehmens durch entsprechende Weichenstellung in der Gegenwart zu ermöglichen.

Diese Selbstprüfungspflicht entsteht nicht erst bei Eintritt der Unternehmenskrise, sondern bereits lange zuvor zur frühzeitigen Krisenerkennung und Krisenvermeidung. Der Inhalt der Pflichten hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, etwa von Art und Grüße, wirtschaftlicher Lage der Gesellschaft etc.

Kaum ein anderes Risiko ist für den Geschäftsführer einer GmbH größer, als das Risiko einer Insolvenz der von ihm geführten Gesellschaft.

Kommt es trotz aller Maßnahmen zu einer Unabwendbarkeit der Krise, somit zur Insolvenz erhöhen sich die Pflichten des Geschäftsführers drastisch. Dies zeigt vor allem die Tatsache, dass es im Nachhinein selten um den Vorwurf, die Insolvenz verursacht zu haben geht, sondern fast immer um den Vorwurf angeblichen Fehlverhaltens während der Insolvenzreife.

Diesem Vorwurf kann der Geschäftsführer entgegenwirken, wenn er weiß, was er im Vorfeld einer Krise und in deren späteren Verlauf zu tun hat.

Frühwarnsignale einer drohenden GmbH Krise

Hierbei gibt es eine Vielzahl an Frühwarnsignalen, z. B. Kennzahlensysteme (Kapitalbindungsdauer, Kapitalbindungsquote, Eigenkapitalquote, Finanzkraft 1, Finanzkraft 2, Anlagendeckung, Umsatzrentabilität, Cash-flow, Personalaufwandsquote etc.).


Krisensymptom:

  • Zu geringe Eigenkapitalausstattung (beträgt im Durchschnitt der Unternehmen ca. 20 % des Gesamtkapitals, wünschenswert sind und 33 %) schränkt die Dispositionsfreiheit ein.

Gegenmaßnahmen:

  • Zuführung von Eigenkapital, Gesellschafterdarlehen mit Rangrücktrittsvereinbarung in Bezug auf andere Gläubiger.

Krisensymptom:

  • Hausbank senkt die Kreditlinie.

Gegenmaßnahmen:

  • Verhandlung über weitere Kredite bzw. die Aussetzung von Zins und Tilgung.

Krisensymptom:

  • Kredittilgung setzt in angespannter Finanzlage ein (z.B. bei Existenzgründungsdarlehen nach fünf Jahren).

Gegenmaßnahmen:

  • Darlegung der zukünftigen Entwicklung mit schriftlichem Unternehmensplan, Planbilanz, Plan-GuV (inklusive Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnung der letzten 3 Jahre sowie der aktuellen Monats-BWA), sofern möglich, weitere Sicherheiten und Bürgschaften einsetzen, Ziel: Weitere Streckung der Tilgung.

Krisensymptom:

  • Hohe Wechselverbindlichkeiten mit gebündelten Fälligkeiten.

Gegenmaßnahmen:

  • Gebündelte Fälligkeitstermine vermeiden, Scheckwechselverfahren, Prolongation.

Krisensymptom:

  • Ungenügende Abdeckung finanzieller Risiken durch Versicherungen.

Gegenmaßnahmen:

  • Abschluss einer wahren Kreditversicherung (z.B. Hermes, AKV) sowie ggfs. einer Versicherung gegen Veruntreuung (Hermes).

Krisensymptom:

  • Wichtige Lieferanten lieferten nur noch gegen Vorkasse.

Gegenmaßnahmen:

  • Darlegung der Unternehmenssituation bei Lieferanten, ggfs. Lieferantenwechsel.

Krisensymptom:

  • Erträge gehen permanent zurück.

Gegenmaßnahmen:

  • Maßnahmen zur Ertragssicherung (Programmoptimierung durch Deckungsbeitragsrechnung und ABC-Analyse).

Krisensymptom:

  • Kostensteigerungen (z.B. durch Tarifabschlüsse, Verteuerung der Einkaufspreise von Lieferanten).

Gegenmaßnahmen:

  • Kostenmanagement (ABC-Analysen, Gemeinkostenwertanalysen, etc.).

Krisensymptom:

  • Langfristige Investitionen sind nicht fristenkongruent finanziert.

Gegenmaßnahmen:

  • Auf nutzungskongruente Kreditlaufzeiten achten, Anlagevermögen nicht über kurzfristige Kredite finanzieren.

Krisensymptom:

  • Regelmäßig sehr späte Rechnungsstellung.

Gegenmaßnahmen:

  • Sofortige Fakturierung nach Lieferung, Zwischenabrechnung von Teilleistungen.

Krisensymptom:

  • Vernachlässigtes Mahnwesen.

Gegenmaßnahmen:

  • Konsequentes mahnen bei Überschreitung des Zahlungsziels.

Krisensymptom:

  • Keine regelmäßige Bonitätsüberwachung von (Neu-) Kunden.

Gegenmaßnahmen:

  • Regelmäßige Bonitätsprüfung von (Neu-) Kunden über Wirtschaftsauskunfteien (Bürgel, Creditreform, Schimmelpfennig, etc.) und aus anderen Quellen.

Krisensymptom:

  • Umfangreiche Gewährung von Kundenkrediten.

Gegenmaßnahmen:

  • Konsequente Überwachung der Debitorenlaufzeiten, ggfs. Factoring.

Krisensymptom:

  • Umfangreiche Inanspruchnahme von Lieferantenkrediten bei regelmäßigem Verzicht auf Lieferantenskonto.

Gegenmaßnahmen:

  • Verzicht auf den Lieferantenkredit als teuerste Finanzierungsform, Ausschöpfung der Kontierung, auch wenn nur über den Kontokorrentkredit möglich.


Krisensymptom:

  • Häufiger Personalwechsel in der Führungsspitze.

Gegenmaßnahmen:

  • Motivation durch materielle, immaterielle Anreizsysteme, Incentives, etc.

Krisensymptom:

  • Überalterung des Managements, unzureichende Nachfolgeregelung.

Gegenmaßnahmen:

  • Rechtzeitige Nachfolgeplanung.

Krisensymptom:

  • Mangelnde Qualifikation der Geschäftsleitung.

Gegenmaßnahmen:

  • Kontinuierliche Fort- und Weiterbildung, ggfs. Austausch, Verstärkung.

Krisensymptom:

  • Ungenügende Absicherung betrieblicher Risiken.

Gegenmaßnahmen:

  • Versicherungsbestand und -deckung prüfen, ggfs. Einschaltung eines Versicherungsmaklers.

Krisensymptom:

  • Eine an die Entwicklung des Unternehmens angepasste Organisation fehlt.

Gegenmaßnahmen:

  • Überprüfung der Organisationsstruktur ggfs. Unternehmensberater hinzuziehen.

Krisensymptom:

  • Laufende „Verschönerung“ von Bilanzen zu Ergebnisverbesserung.

Gegenmaßnahmen:

  • Detaillierte Analysen von Bilanz, GuV, Anhang und Anlagespiegel; Vergleich mit Branchenwerten (Quelle unter anderem Bilanzanalysen berufsständischer Organisationen).

Krisensymptom:

  • Fehlende Planung und Kontrolle von Umsatz, Kosten und Ertrag, fehlende Finanzplanung.

Gegenmaßnahmen:

  • Laufende Soll-/ Ist-Analysen, Überprüfung der wesentlichen Unternehmenseckwerte.

Krisensymptom:

  • Fehlender Vergleich mit Betrieben der gleichen Branche.

Gegenmaßnahmen:

  • Teilnahme am Branchenbetriebsvergleich.

Krisensymptom:

  • Mangelnde Aktualität und Aussagekraft des Rechnungswesens.

Gegenmaßnahmen:

  • Sorgfältige Organisation und Kontrolle von Aufbau und Arbeitsablauf in der Buchhaltung.

Krisensymptom:

  • Mangelnde interne Information.

Gegenmaßnahmen:

  • Einrichtung eines aussagefähigen Berichtswesens, kurzfristige Erfolgsrechnung muss zum 15. des Monats verfügbar sein.


Krisensymptom:

  • Abhängigkeit von wenigen Kunden nimmt immer mehr zu.

Gegenmaßnahmen:

  • Intensivierung des Neukundengeschäfts, kontinuierliche Kunden-ABC-Analyse.

Krisensymptom:

  • Wichtige Kunden wechseln zur Konkurrenz. Wichtige Abnehmer ändern ihr Bestell- und Zahlungsverhalten.

Gegenmaßnahmen:

  • Überprüfung des Produkt- und Leistungsangebots, kontinuierliche Analyse des Kundenverhaltens, insbesondere über den Verkaufsaußendienst und den Verkaufsinnendienst.

Krisensymptom:

  • Zunahme der Insolvenzen im Kundenkreis.

Gegenmaßnahmen:

  • Vorkasse, Sicherheiten, Bonitätsüberwachung.

Krisensymptom:

  • Zahl erfolgreicher Produktneueinführungen stark rückläufig.

Gegenmaßnahmen:

  • Leistungsreserven über Portfolioanalysen ermitteln.

Krisensymptom:

  • Keine oder nur geringe Abhebung vom Angebot der Wettbewerber.

Gegenmaßnahmen:

  • Konsequente Analyse von Stärken und Schwächen im Vergleich zum wichtigsten Mitbewerber.

Krisensymptom:

  • Gerüchte über die angespannte Situation des eigenen Unternehmens.

Gegenmaßnahmen:

  • Aktive Informationspolitik über geplante zukünftige Aktivitäten des Unternehmens.

Krisensymptom:

  • Geringe Zielgruppenorientierung in Angebot und Präsentation.

Gegenmaßnahmen:

  • Positionierung des Kunden in den Mittelpunkt aller Unternehmensaktivitäten.

Krisensymptom:

  • Fehlende Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter im Verkauf.

Gegenmaßnahmen:

  • Kontinuierliche Fort- und Weiterbildung, leistungsbezogene Anreize, Ersatz, Verstärkung.

IV. Problemkreis: Firmenstruktur


Krisensymptom:

  • Geringe Betriebsgröße führt zu schlechteren Beschaffungskonditionen.

Gegenmaßnahmen:

  • Anschluss an Kooperationen (z.B. im Einzelhandel) prüfen.

Krisensymptom:

  • Absatzmärkte verlagern sich.

Gegenmaßnahmen:

  • Kontinuierliche Analyse der Standortfaktoren (Lage, Infrastruktur, Wettbewerb).

Krisensymptom:

  • Kunden Fragen Breite oder Tiefe des Sortiments nicht mehr danach.

Gegenmaßnahmen:

  • Ggfs. Anpassung des Produkt- und Leistungsangebots.

Krisensymptom:

  • Überalterte Produktionsanlagen.

Gegenmaßnahmen:

  • Prüfung von Ersatzinvestitionen bzw. Desinvestition (Freisetzung des in längerfristigen Vermögensgegenständen gebundenen Kapitals durch den Verkauf dieser Vermögensgegenstände), Fremdbezug ggfs. vorteilhafter als Eigenfertigung.


Krisensymptom:

  • Reklamationen nehmen stark zu, Lieferfristen werden nicht eingehalten; Fehlerraten sind gleichbleibend hoch.

Gegenmaßnahmen:

  • Einleitung von Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle, Betriebsorganisation.

Krisensymptom:

  • Zu hohe Lagerbestände, geringer Lagerumschlag, hohe Kapitalbindung.

Gegenmaßnahmen:

  • Kontinuierliche Überwachung, Abbau von Überbeständen, Ausschöpfung von Remission- und Rückgabemöglichkeiten.

Krisensymptom:

  • Überbestand im Personalbereich.

Gegenmaßnahmen:

  • Personalabbau, Kurzarbeit, flexibler Einsatz (Arbeitszeit, Arbeitsplatz).

I. Insolvenzantragspflicht

Gemäß § 15a Abs. 1 S. 1 InsO hat der Geschäftsführer einen Insolvenzantrag „ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit“ zu stellen.

Grundsätzlich muss der Geschäftsführer unverzüglich den Antrag stellen und darf nur dann – ausnahmsweise – hiervon absehen, wenn konkrete objektive Anhaltspunkte dafür sprechen, dass es mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gelingen wird, die Zahlungsunfähigkeit innerhalb der kommenden drei Wochen zu beseitigen.

Die Pflicht zur Stellung des Insolvenzantrags entfällt nicht dadurch, dass ein Gläubiger einen Antrag stellt.

II. Rechtsfolgen einer Verletzung der Insolvenzantragspflicht

Die Verletzung der Insolvenzantragspflicht hat sowohl strafrechtliche als auch berufsrechtliche und vor allem haftungsrechtliche Auswirkungen.

1. Strafrechtliche Auswirkungen

15a Abs. 4 u. 5 InsO sieht Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr (bei Fahrlässigkeit) bzw. bis zu drei Jahren (bei Vorsatz) vor. Aufgrund der Tatsache, dass die Insolvenzgerichte („Anordnung über Mitteilungen in Zivilsachen – MiZi)“ verpflichtet sind, den Strafverfolgungsbehörden Insolvenzeröffnungen mitzuteilen, hat die Staatsanwaltschaft – von Amts wegen – prüfen, ob konkrete Anhaltspunkte für Straftaten vorliegen.

2. Berufsrechtliche Auswirkungen

Wer rechtkräftig wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung verurteilt wird, wird für die Dauer von fünf Jahren ab Rechtskraft des Urteils „amtsunfähig“ für das „Amt“ des Geschäftsführers (Inhabilität, vgl. § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3a GmbHG).

Eine strafrechtliche Verurteilung hat stets einen Eintrag in das Bundeszentralregister zur Folge, bei einer Verurteilung von mehr als 90 Tagessätzen zusätzlich einen Eintrag als „vorbestraft“ in das Führungszeugnis.

  1. Haftungsrechtliche Auswirkungen

Haftungsrechtliche Folgen bestehen zum einen in der Haftung des Geschäftsführers gegenüber Gesellschaftsgläubigern und zum anderen gegenüber dem Insolvenzverwalter wegen verbotener Minderung der Insolvenzmasse (vgl. § 64 GmbHG).

Gesellschaftsgläubiger klagen recht selten, da sie den erheblichen Aufwand im Vergleich zu dem zu erzielenden Ertrag scheuen.

Die größte Aufmerksamkeit des Geschäftsführers – im Rahmen seiner Strategieplanung – sollte daher immer der möglichen Haftung aus § 64 Satz 1 GmbHG gelten. Diese Vorschrift lautet:

Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden.“

§ 64 S. 2 GmbHG ergänzt:

„Dies gilt nicht von Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind.“

Hieraus ergibt sich die Pflicht der Geschäftsführer, nach Eintritt der Insolvenzreife die Masse zur Verwertung durch die Gläubiger zu erhalten.

Die große praktische Bedeutung der Haftung aus § 64 GmbHG beruht darauf, dass der Insolvenzverwalter „relativ“ wenig tun muss, um eine schlüssige Klage zu erheben, während der beklagte Geschäftsführer sehr viel Aufwand nötig hat, will er seine Verurteilung abwehren.

Der Insolvenzverwalter braucht nur Indizien vorzutragen, die rückblickend auf eine Zahlungseinstellung ab einem bestimmten Zeitpunkt schließen lassen. Dann wird gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 InsO die Zahlungsunfähigkeit seit diesem Zeitpunkt vermutet. Gelingt es dem Geschäftsführer nicht, diese gesetzliche Vermutung zu widerlegen, unterstellt das Gericht die Behauptung des Insolvenzverwalters als richtig.

Der Begriff der gemäß § 64 GmbHG zu erstattenden „Zahlungen“ wird von den Gerichten sehr weit ausgelegt wird. Erfasst werden nicht nur Geldzahlungen, sondern alle Masse schmälernden Leistungen aus dem Gesellschaftsvermögen.

Die prozessuale Unterlegenheit des Geschäftsführers gegenüber dem Insolvenzverwalter zeigt sich auch bei der Frage des Verschuldens. Nach der Rechtsprechung wird das für die Haftung gemäß § 64 GmbHG erforderliche Verschulden des Geschäftsführers vermutet. Der Geschäftsführer muss also darlegen und beweisen, warum er die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft weder gekannt noch grob oder leicht fahrlässig verkannt hat.

Die besondere Bedeutung der „Insolvenzverschleppungshaftung“ ergibt sich daraus, dass der Insolvenzverwalter verpflichtet ist, den Anspruch geltend zu machen, will er eine eigene Haftung aus § 60 Abs. 1 InsO vermeiden.

Es ist daher keine Seltenheit, dass Geschäftsführer – aufgrund dieser Haftung – zusätzlich Privatinsolvenz beantragen müssen.

III. Grundsätzliches – Strategische Überlegungen

Es liegt im eigenen Interesse des Geschäftsführers, gezielte strategische Überlegungen anzustellen.

Anwaltliche Beratung, die den Umständen des Einzelfalls Rechnung trägt, kann durch diese Überlegungen nicht ersetzt, sondern bestenfalls unterstützt werden. Sämtliche Überlegungen können durch Änderung der gesetzlichen Vorgaben oder der Rechtsprechung hinfällig werden.

1Strategische Überlegungen in eigenen Angelegenheiten erfordern zunächst eine grundlegende Ausrichtung des Geschäftsführers auf sein persönliches Interesse.

Dazu hat sich der Geschäftsführer der Frage zu stellen, ob er überhaupt bereit ist, den Herausforderungen einer Krisensituation entgegenzutreten. Wer eine Gesellschaft in und durch die Krise führen will, braucht Durchsetzungsvermögen. Konflikte drohen vor allem mit Gesellschaftern und mit Geschäftsführerkollegen.

Eine Abberufung des Geschäftsführers durch die Gesellschafter zu dem Zweck, die gebotene Antragstellung zu vereiteln, ist als Umgehungsgeschäft gemäß § 134 BGB unwirksam, so dass die Antragspflicht fortbesteht. Der Geschäftsführer kann von der Gesellschaft nur dann wirksam von der Antragspflicht befreit werden, wenn die Gesellschafter die Liquiditätslücke der Gesellschaft innerhalb der Dreiwochenfrist des § 15a Abs. 1 S. 1 InsO schließen.

Auch von einem nicht Ressort zuständigen Geschäftsführer wird verlangt, dass er den zuständigen Kollegen überwacht, damit Fehlentwicklungen– die Verletzung der Insolvenzantragspflicht ist eine besonders gravierende – erkannt und korrigiert werden. Es hilft nicht, sich später darauf zu berufen, man habe sich gegenüber dem zuständigen Geschäftsführer und den Gesellschaftern nicht durchsetzen können. Hier sollte – rechtzeitig – eine Amtsniederlegung erwogen werden.

2. Der Geschäftsführer muss entschlossen sein, sich selbst strikte Grenzen zu setzen, um seine persönliche Haftung zu vermeiden.

Der Geschäftsführer hat sich darüber im Klaren zu sein, wie er angesichts der Krise im Geschäftsverkehr auftritt und in welchem Umfang er überhaupt noch Geschäftsführer sein will.

Ein Geschäftspartner, der im Falle einer späteren Insolvenz der Gesellschaft einen Verlust erleidet, wird  versuchen, den Geschäftsführer persönlich haftbar zu machen. Denkbar ist z.B. eine Haftung wegen Betrugs (§ 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB) oder Kreditbetrugs (§ 823 Abs. 2 BGB, § 265b StGB). Um eine solche Haftung zu vermeiden, sollte der Geschäftsführer es auf jeden Fall unterlassen, die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft besser zu zeichnen, als sie ist. Im Übrigen sollte er kein Geschäft durch Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens des Geschäftspartners beginnen.

Jeder Geschäftsführer sollte sich rechtzeitig mit der Möglichkeit der Amtsniederlegung befassen. Ist die Insolvenzreife erst einmal eingetreten, kommt eine Niederlegung zu spät. Legt er dennoch nieder, ohne zuvor den gebotenen Antrag zu stellen, muss er sich so behandeln lassen, wie wenn er weiterhin Geschäftsführer wäre, als solcher die Antragspflicht verletzt und weitere Zahlungen i.S.d. § 64 GmbHG nicht unterbunden hätte.

3. Schließlich sollte der Geschäftsführer für eine persönliche Versicherung (D&O-Versicherung) sorgen, um im Notfall Unterstützung zu erhalten.

Eigentlich sollte sich jeder Geschäftsführer persönlich mit den Versicherungsbedingungen befassen, um zu gewährleisten, dass die individuell für ihn relevanten Risiken ausreichend gedeckt sind.

Zu achten ist auf einen rechtzeitigen Abschluss des Versicherungsvertrags.

Empfohlen sei der Abschluss einer selbstfinanzierten persönlichen D&O-Versicherung,  und zwar zusätzlich zu der gesellschaftsfinanzierten Firmen-D&O-Versicherung. Die Prämien sind verhältnismäßig gering, sodass sich der eigene finanzielle Aufwand schon lohnt, wenn im Schadenfall nur wenige Anwaltsstunden vom Versicherer übernommen werden.

Der Vorteil einer persönlichen D&O-Versicherung besteht vor allem darin, dass der Insolvenzverwalter von ihr keine Kenntnis erlangt, wenn er die Unterlagen der Gesellschaft sichtet.

D&O steht für Directors and Officers, dies sind nach amerikanischem Sprachgebrauch Vorstände und Aufsichtsräte. Die D&O-Versicherung ist eine Berufshaftpflichtversicherung für Geschäftsführer, auch Managerhaftpflicht-Versicherung genannt. Hiermit werden sämtliche Geschäftsführertätigkeiten, vom operativen Geschäft bis hin zu strategischen Entscheidungen, haftungstechnisch abgedeckt.

Empfohlen sei insoweit die Beratung durch einen qualifizierten Versicherungsmakler.

IV. Liquidität – Strategische Überlegungen

Näher zu beleuchten sind hier die Punkte Liquiditätsbeobachtung sowie strategische Liquiditätssteuerung.

  1. Liquiditätsbeobachtung – Feststellung der Zahlungsunfähigkeit

Der Geschäftsführer hat die Liquidität der von ihm geführten Gesellschaft stets zu beobachten. Mit Beginn einer Krise – sobald sich erste Zahlungsprobleme zeigen – muss die Beobachtung der Liquidität intensiviert werden. Dann hat der Geschäftsführer umgehend prüfen, ob es sich nur um eine Zahlungsstockung oder schon um Zahlungsunfähigkeit handelt.

Der Insolvenzverwalter bewertet den Sachverhalt rückblickend (ex post). Diese Herangehensweise des Insolvenzverwalters hat der Geschäftsführer zu vorwegzunehmen.

Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn zu einem Stichtag eine Liquiditätslücke – egal welcher Größe – besteht, die innerhalb der auf den Stichtag folgenden drei Wochen voraussichtlich auf 10 % oder mehr ansteigen wird oder innerhalb dieses Zeitraums nicht auf unter 10 % zurückgeführt werden kann. Andernfalls handelt es sich um eine Zahlungsstockung.

Die Abgrenzung zwischen Zahlungseinstellung und Zahlungsstockung erfolgt in drei Schritten:

  • Zunächst erfordert sie die Erstellung einer Liquiditätsbilanz (1.). Die am Stichtag vorhandenen liquiden Mittel sind den an diesem Tag fälligen Verbindlichkeiten gegenüberzustellen. Hierdurch wird ermittelt, ob eine Liquiditätslücke besteht. Zeigt die Liquiditätsbilanz keine Liquiditätslücke für den betrachteten Stichtag, muss auch kein kurzfristiger Liquiditätsplan erstellt werden.
  • Ergibt die Gegenüberstellung eine Liquiditätslücke, folgt die Erarbeitung eines kurzfristigen Liquiditätsplans (2.) um zu ermitteln, ob die Lücke innerhalb von drei Wochen 10 % oder mehr betragen wird oder nicht. Hierzu sind die innerhalb der auf den Stichtag folgenden drei Wochen flüssig zu machen – den Mittel in Beziehung zu setzen zu den am Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten. Ist dem kurzfristigen Liquiditätsplan zum Ablauf des Dreiwochenzeitraums eine Unterdeckung von 10 % oder mehr zu entnehmen, wird Zahlungsunfähigkeit vermutet.
  • Diese Vermutung kann durch einen mittelfristigen Liquiditätsplan (3.) widerlegt werden, der aufzeigt, dass die Unterdeckung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in einem Zeitraum von drei bis sechs Monaten beseitigt wird. Allerdings muss den Gläubigern dieses Abwarten auch zumutbar sein. Andernfalls wird Zahlungsunfähigkeit vermutet.

Für den Insolvenzverwalter in der Retrospektive ist es weit weniger aufwändig, da er die Zahlungsunfähigkeit aus Indizien abzuleiten kann und nicht nur aus einer (Liquiditäts-)Bilanz. Da Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 InsO bei Zahlungseinstellung vermutet wird, muss er sich nämlich nur auf Indizien konzentrieren, die eine frühere Zahlungseinstellung nahelegen.

Indizien hierfür sind z.B. die mehrmonatige vollständige oder teilweise Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen, Unternehmenssteuern oder Gehältern, etc. Eigene Erklärungen der Gesellschaft können natürlich erst recht Indizwirkung haben, etwa die Erklärung, eine fällige Verbindlichkeit nicht begleichen zu können, auch wenn sie mit der Bitte um Stundung oder den Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung versehen ist.

Ein von Insolvenzverwaltern in der Praxis sehr häufig verwendetes Indiz für die Zahlungseinstellung der Gesellschaft seit einem bestimmten Zeitpunkt sind die zur Insolvenztabelle angemeldeten offenen Forderungen. Aus ihnen, ihren Fälligkeitsdaten und dem Umstand, dass sie bis zur Verfahrenseröffnung nicht beglichen worden sind, lässt sich für den Zeitraum von der Fälligkeit bis zur Insolvenzeröffnung auf Zahlungseinstellung schließen.

Für den Insolvenzverwalter ist diese Art der Beweisführung äußerst komfortabel.

Gerade weil der Insolvenzverwalter berechtigt ist, eine Insolvenzreife und damit eine Verletzung der Insolvenzantragspflicht aus Indizien abzuleiten, sollte der Geschäftsführer aus Gründen des Selbstschutzes rechtzeitig eine Liquiditätsbilanz und einen Liquiditätsplan erstellen, beides fortschreiben, solange die wirtschaftliche Krise andauert und die erstellten und fortgeschriebenen Dokumente so aufbewahren, dass er sie dem Verwalter – ggf. auch einem Gericht – später vorlegen kann.

  1. Liquiditätssteuerung – Maßnahmen vor Insolvenzreife

a) „Zweikonten- Modell“

Wickelt eine Gesellschaft alle Zahlungsein- und -ausgänge über dasselbe Geschäftskonto ab, operiert sie in einer wirtschaftlichen Krise meist auf der Basis eines negativen Saldos. Da der negative Saldo aber nichts anderes ist, als ein Kredit des kontoführenden Kreditinstituts an die Gesellschaft, kommen Zahlungseingänge auf dem Konto Kreditrückzahlungen gleich. Derartige Zahlungen ordnet der BGH der Vorschrift des § 64 GmbHG zu, weil er meint, dass die Zahlungen an das Kreditinstitut die Insolvenzmasse mindere und das Institut gegenüber anderen Gesellschaftsgläubigern bevorzuge.

Gleichzeitig hat der BGH ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Ausweg für den Geschäftsführer darin bestehe, ein weiteres, nicht im Minus geführtes Konto zu eröffnen und Zahlungen der Kunden ausschließlich hierauf zu veranlassen.

Solange ein Konto im Plus geführt wird, unterliegen eingehende Zahlungen nicht dem Zugriff des Kreditinstituts, so dass insoweit auch keine massemindernde einseitige Gläubigerbevorzugung erfolgt.

b) Forderungsbestreiten gegenüber Gläubigern

Ein weiterer Ausweg besteht aus Sicht des BGH darin, die Kunden zu Barzahlungen aufzufordern, die dann natürlich auch nicht vom Geschäftsführer selbst auf das negative Konto eingezahlt werden dürfen, sondern in der Kasse bleiben, auf ein positives Konto eingezahlt oder für eine werthaltige Gegenleistung ausgegeben werden müssen.

Die Einrichtung der Geschäftskonten sollte rechtzeitig geschehen, also zu einem Zeitpunkt vor Beginn der wirtschaftlichen Krise.

Da die Zahlungsfähigkeit oder -unfähigkeit im Wesentlichen von dem Verhältnis der fälligen Verbindlichkeiten zu den liquiden Mitteln der Gesellschaft abhängt, ist es für den Geschäftsführer vorteilhaft, behauptete Verbindlichkeiten in Frage zu stellen

c) Stundungs- oder Ratenzahlungsvereinbarungen mit Gläubigern

Nicht nur das frühzeitige substanziierte Bestreiten einer gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung dem Grunde oder der Höhe nach kann dem Geschäftsführer später nützlich sein. In der Praxis noch gewinnbringender ist das Hinausschieben der Fälligkeiten. Durch Stundungs- oder Ratenzahlungsgesuche.

d) Vorrangige Tilgung von Altforderungen

Weiter sollte der Geschäftsführer vorhandene Liquidität vorrangig zur Tilgung der älteren Verbindlichkeiten verwenden. Dadurch kann er die Länge des später zu seinen Lasten vermuteten Insolvenzverschleppungszeitraums verkürzen.

  1. Liquiditätssteuerung – Maßnahmen während des Sanierungsversuchs

Der Geschäftsführer haftet gemäß § 64 GmbHG grundsätzlich für sämtliche Zahlungen, die im Zeitraum vom Eintritt der Insolvenzreife bis zur Stellung des Insolvenzantrags aus dem Gesellschaftsvermögen geleistet worden sind.

Die Haftung setzt also – selbst bei zunächst objektiv erfolgversprechender Sanierungsaussicht – nicht erst mit Ablauf des Dreiwochenzeitraums ein, sondern bereits mit Insolvenzreife.

Während des Sanierungsversuchs sollte der Geschäftsführer strategisch vorgehen, um sein Haftungsrisiko für den Fall des Scheiterns weitgehend zu reduzieren. Hierzu zählen insbesondere folgende Grundsätze:

  • Zahlungen auf das zur vorübergehenden Betriebsfortführung unerlässliche Minimum reduzieren
  • Zahlungen mit Zug-um-Zug-Gegenleistung priorisieren
  • Zahlung der Arbeitnehmer-, nicht aber der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung
  • Zahlung der Unternehmensteuern vor anderen Verbindlichkeiten
  • Verbindlichkeiten nur aus einem debitorischen Konto tilgen
  • Zahlungseingänge nur auf ein kreditorisches Konto veranlassen

Ergibt sich vor oder mit Ablauf der ab Insolvenzreife laufenden Dreiwochenfrist, dass die Insolvenz ursächliche Unterdeckung nicht fristgerecht beseitigt werden kann, muss der Geschäftsführer unverzüglich Insolvenzantrag stellen; das kann nicht oft und eindringlich genug wiederholt werden.

Eine allerletzte Möglichkeit der Rettung vor zivilrechtlicher Haftung besteht in der vollständigen Wiederaufnahme sämtlicher Zahlungen.

V. Prozessvorsorgemanagement – Strategische Überlegungen

Hierzu gehört neben der rechtzeitigen Inanspruchnahme qualifizierter Beratung vor allem die strategische Überlegung sich Regressmöglichkeiten gegen Dritte zu verschaffen und die zur Entlastung dienenden Beweismittel zu sichern.

  1. Beratung

Eine der am Einfachsten umzusetzenden und dennoch in der Praxis zu selten beherzigten Selbstschutzmaßnahme ist die rechtzeitige Inanspruchnahme qualifizierter insolvenzrechtlicher Beratung.

Da ein Berater seine Aufgabe nicht sachgerecht erfüllen kann, wenn er nicht über die zur Durchführung der Beratung erforderlichen Auskünfte und Belege verfügt, muss der Geschäftsführer ihm diese zugänglich machen. Hierbei darf er sich grundsätzlich zwar darauf beschränken, das zuzuliefern, was der Berater fordert.

Nicht erbetene Informationen muss er ausnahmsweise aber von sich aus erteilen, wenn sich ihm aufdrängen muss, dass die Information für die Prüfung des Beraters relevant sein könnte. Außerdem muss er zeitnah zuliefern, um dem Berater die Möglichkeit zu geben, ein unverzügliches Beratungsergebnis zu erarbeiten.

Die Beauftragung eines Beraters ist eine Form der Aufgabendelegation. Als solche hat sie eine Kontrollpflicht des Geschäftsführers zur Folge. Diese äußert sich darin, dass der Geschäftsführer das Beratungsergebnis auf Plausibilität prüfen muss.

Alle Beratung nützt nichts, wenn der Geschäftsführer beratungsresistent ist. Haftungsbefreiend wirkt daher nur eine Beratung, der sich ein beratungskonformes Verhalten anschließt. Einem plausiblen Beratungsergebnis muss der Geschäftsführer also Folge leisten, will er nicht riskieren, an der Verschuldensvermutung zu scheitern. Selbstverständlich darf er mit dem Berater diskutieren, ob nicht eine andere Sicht der Dinge möglich ist oder ob es nicht einen anderen Weg gibt als den angeratenen. Soweit der Berater bei seiner Meinung bleibt, ist der Geschäftsführer jedoch gebunden.

  1. Regress gegen Zahlungsempfänger

Wer dem Insolvenzverwalter gemäß § 64 GmbHG als Geschäftsführer haftet, kann nicht einwenden, dass der Verwalter zunächst einmal versuchen müsse, die verbotswidrigen Zahlungen im Wege der Insolvenzanfechtung von den Zahlungsempfängern zurückzuerlangen. Er kann gemäß § 255 BGB lediglich verlangen, dass der Verwalter ihm für jede Zahlung, die er erstattet, den etwaigen Rückgewähranspruch aus § 143 Abs. 1 InsO gegen den Zahlungsempfänger abtritt. Dies ermöglicht es dem Geschäftsführer, selbst gegen den Empfänger vorzugehen.

Um die Erfolgsaussichten künftiger Anfechtungsprozesse – seien es solche des Insolvenzverwalters oder eigene – zu erhöhen, sollte der Geschäftsführer schon bei Vornahme eventuell haftungsbegründender Zahlungen strategisch vorgehen.

Das kann er vor allem tun, indem er den Zahlungsempfängern eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft ausdrücklich oder unausgesprochen vor Augen führt. Denn gemäß § 133 Abs. 1 S. 1 InsO – die Vorschrift gilt als „Wunderwaffe der Insolvenzverwalter“ – ist eine in den letzten zehn Jahren vor dem Insolvenzantrag mit dem Vorsatz, andere Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommene Zahlung an einen Gläubiger anfechtbar, wenn dieser den Benachteiligungsvorsatz kannte.

Die Anfechtungsvoraussetzungen sind dann recht leicht erfüllt.

Mittel der Wahl, um einen Zahlungsempfänger im vorgenannten Sinn bösgläubig zu machen, ist das – auch in anderem Zusammenhang für den Geschäftsführer vorteilhafte – Bemühen um eine Stundungs- oder Ratenzahlungsvereinbarung.

  1. Beweismittel sichern

Mit Blick auf eine eventuelle spätere prozessuale Auseinandersetzung ist es äußerst wichtig, dass der Geschäftsführer für die von ihm veranlassten Vorsorgemaßnahmen Beweismittel sichert.

Ein Geschäftsführer sollte Vorsorgemaßnahmen nicht nur detailliert dokumentieren, sondern die Dokumentation auch so archivieren, dass er selbst dann noch auf sie zugreifen kann, wenn er die Geschäftsräume nicht mehr betreten darf.

VI. Vorsicht Firmenbestatter

Nach wie vor bieten dubiose „Firmenaufkäufer“ oder „Sanierer“ Firmen, die kurz vor der Insolvenz stehen, eine Übernahme mit eventueller folgender Verlagerung der Kapitalgesellschaft ins Ausland an.

Die Verkäufer der Firmen sind im Regelfall aus folgenden Gründen an einem solchen Angebot interessiert:

  • Vermeidung eines Insolvenzverfahrens,um den eigenen Namen sauber zu halten, insbesondere Vermeidung einer amtliche Veröffentlichung der Insolvenz im Zusammenhang mit dem eigenen Namen.
  • Versuch der Vermeidung von Haftungsansprüchen, eine rechtlich ziemlich zwielichtige Hoffnung, die sich wohl eher an der Tatsache der Übergabe der Geschäftsunterlagen an einen Dritten orientiert als einem tatsächlichen Haftungsausschluss.
  • Ausschlachtung der Gesellschaft vor Übergabe an den neuen Eigentümer durch Entnahme von Vermögensgegenständen aus dem Betriebsvermögen.

Im Regelfall verlangt der Firmenbestatter für die Übernahme der Firma ein Entgelt, z.B. in Höhe eines gewissen Prozentsatzes der Schulden der Firma. Nach dem notariellen Verkauf, der gegen einen symbolischen Betrag erfolgt,  wird der bisherige Geschäftsführer entlastet und der neue GF verlegt die Firma an den neuen Standort, der sich oftmals im Ausland befindet, was Zwangsvollstreckungsmaßnahmen naturgemäß erschwert oder sogar unmöglich macht.

Akten und Bilanzen werden dem Erwerber vollständig gegen Quittung übergeben, weshalb es dann später vor der Polizei oder Staatsanwaltschaft bzw. den klagenden Gläubigern schwer ist, sich noch an etwas zu erinnern oder Aktenkenntnis zu haben.

Die in § 15a Abs.1 InsO eingeräumte Frist zur Stellung eines Insolvenzantrags von maximal drei Wochen gilt nur, wenn ernsthafte Sanierungsbemühungen unternommen werden sollen. Bei der Firmenbestattung wird jedoch allein die Abwicklung angestrebt.

Folgerichtig hat der BGH im Falle einer vermuteten Firmenbestattung die Sitzverlagerung mit Ziel des Wechsels zu einem anderen örtlich zuständigen AG als missbräuchlich und damit unbeachtlich erklärt.

Alle an einer Firmenbestattung beteiligten Pertsonen machen sich strafbar:

  • der Alt-Geschäftsführer
  • der Neu-Geschäftsführer und
  • der Firmenbestatter selbst.

Einem erheblichen Strafbarkeitsrisiko ausgesetzt sind darüber hinaus auch die Berater des Altgeschäftsführers sowie der Notar, der die Übertragung der Gesellschaftsanteile beurkundet.

In Betracht kommen – für den Alt-Geschäftsführer – folgende Delikte:

  • Bankrottdelikte (§§ 283 ff. StGB),
  • Insolvenzverschleppung (§ 15a Abs. 4 und Abs. 5 InsO),
  • Untreue (§ 266 StGB),
  • Eingehungsbetrug (§ 263 StGB),
  • Nichtabführung von Sozialbeiträgen (§ 266a StGB),
  • Steuerhinterziehung (§ 370 AO)

Da die Insolvenzverschleppung ein Sonderdelikt ist, das nur von einem konkret definierten Personenkreis aus dem Unternehmen heraus begangen werden kann, hängt es für die Strafbarkeit des Firmenbestatters maßgeblich davon ab, ob ihm die Stellung eines faktischen Geschäftsführers nachgewiesen werden kann. Ist dies nicht möglich, bleibt jedenfalls noch die Teilnahmestrafbarkeit wegen der durch die Alt- und Neugeschäftsführer verwirklichten Delikte.

Unter Umständen kommt noch ein Betrug gemäß § 263 StGB gegenüber dem Altgeschäftsführer in Betracht, wenn diesem die (zivilrechtliche) Haftungsfreistellung täuschend in Aussicht gestellt wurde.

VII. Schlusswort

Die Pflicht zur rechtzeitigen Stellung des Insolvenzantrags gehört zweifellos zu den wichtigsten aller Pflichten eines Geschäftsführers. Es handelt sich um eine Kardinalpflicht, die von solch grundlegender Bedeutung ist, dass sich kein Geschäftsführer damit herausreden kann, nicht gewusst zu haben, was Gesetz und Rechtsprechung ihm abverlangen.

Die Beratung, die der Geschäftsführer nach Insolvenzeröffnung für sich persönlich in Anspruch nimmt, um zu Verteidigungszwecken rückblickend eine Liquiditätsbilanz und einen Liquiditätsplan erstellen zu lassen, hat er selbst zu bezahlen. Beratung, die der Geschäftsführer im Vorfeld für die Gesellschaft in Anspruch nimmt, um die Situation prüfen zu lassen, ist hingegen von der Gesellschaft zu bezahlen.

Es ist empfehlenswert – neben den weiteren Unterlagen – auch den Antrag auf Eröffnung eines Regelinsolvenzverfahrens – so umfassend wie möglich – auszufüllen.

Einen amtlichen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens finden Sie hier:

Insolvenzantrag Juristische Personen – Personengesellschaften

Der Insolvenzantrag der GmbH – Wann liegt „Insolvenzreife“ vor?

Überwiegend konzentriert sich das Insolvenzgeschehen auf kleine Firmen. Acht von zehn Insolvenzen (80,4 Prozent) betrafen 2015 Unternehmen mit höchstens fünf Mitarbeitern (Vorjahr: 78,9 Prozent).

Die Folgen im Einzelfall sind oft schwerwiegend. Insofern gewinnt die Kenntnis über insolvenz- und strafrechtliche Fakten immer mehr an Bedeutung. Der Eintritt der Insolvenzreife eines Unternehmens, mithin dessen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, löst sowohl insolvenz-, haftungs-, berufs- und strafrechtlich als auch wirtschaftlich einschneidende Folgen aus.

Die nachfolgenden Betrachtungen sollen daher lediglich erste Hinweise für die Beantwortung der Fragen nach der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung geben. Sie ersetzen keinesfalls anwaltschaftliche Beratung.

I. Insolvenzantragsgründe und Antragspflicht

Die Insolvenzordnung (InsO) sieht als Eröffnungsgrund für das Insolvenzverfahren Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) und Überschuldung (§ 19 InsO) vor.

Nach § 13 InsO wird ein Insolvenzverfahren nur aufgrund eines Antrags eines Gläubigers oder des Schuldners selbst eingeleitet. Das Insolvenzgericht darf nicht von Amts wegen tätig werden. Bei einem Eigenantrag hat der Schuldner lediglich einen Insolvenzeröffnungsgrund darzulegen.  Hierfür ist in der Regel die Vorlage eines Schuldner-Gläubigerverzeichnisses erforderlich.

Bei juristische Personen und Gesellschafen ohne eigene Rechtspersönlichkeit, bei denen kein persönlicher haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist greift § 15 a InsO ein. Bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ist in den Fällen des § 15 a InsO von den Verantwortlichen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, zu beantragen. Das Gesetz sieht hierfür eine Frist von drei Wochen vor (§ 15 a (1) Satz 1 InsO).

Diese Frist darf jedoch nur dann ausgeschöpft werden, wenn Maßnahmen zur Beseitigung der Insolvenzeröffnungsgründe eingeleitet sind oder werden, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit innerhalb der Dreiwochenfrist zum Erfolg führen. Hierzu zählt in erster Linie ein qualifiziertes Sanierungsgutachten.

II. Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsstockung

Ein Schuldner ist nach § 17 Abs. 2 InsO zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist damit das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende Unvermögen des Schuldners seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu begleichen.

Die Zahlungsunfähigkeit ist von der Zahlungsstockung abzugrenzen. Zahlungsstockung ist die vorübergehende Unfähigkeit, die fälligen Verbindlichkeiten vollständig zu begleichen. Demgegenüber liegt Zahlungsunfähigkeit und nicht nur Zahlungsstockung i. d. R. dann vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen innerhalb eines absehbaren Zeitraums zu begleichen.

Kann der Schuldner seine Liquiditätslücke innerhalb von drei Wochen vollständig schließen, liegt keine Zahlungsunfähigkeit vor.

Beträgt die Liquiditätslücke am Ende des Dreiwochenzeitraums, den der BGH für die Beseitigung der Liquiditätslücke zubilligt, 10% der fälligen Gesamtverbindlichkeiten oder mehr, ist nach der Rechtsprechung des BGH regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zumutbar ist.

Dieser sich an das Ende des Dreiwochenzeitraums anschließende weitere Zeitraum kann in Ausnahmefällen drei bis u. U. auch bis längstens sechs Monate betragen.

Beträgt die Liquiditätslücke am Ende des Dreiwochenzeitraums dagegen weniger als 10 %, ist regelmäßig zunächst von Zahlungsstockung auszugehen. Dennoch ist in diesen Fällen ein Liquiditätsplan zu erstellen, aus dem sich die Weiterentwicklung der Liquiditätslücke ergibt.

Zeigt sich daraus, dass die Lücke demnächst mehr als 10 % betragen wird, liegt Zahlungsunfähigkeit vor.

Eine einmal verwirklichte insolvenzrechtlich relevante Zahlungsunfähigkeit wird erst durch die allgemeine Wiederaufnahme der geschuldeten Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger beseitigt.

III. Zahlungseinstellung

Nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO ist Zahlungsunfähigkeit in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

Zahlungseinstellung liegt vor, wenn der Schuldner wegen eines Mangels an Zahlungsmitteln aufhört, seine fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen, und dies für die beteiligten Verkehrskreise hinreichend erkennbar geworden ist.

Indizien für das Vorliegen einer Zahlungseinstellung können u. a.  sein:

  • Nichtbegleichung von Sozialversicherungsbeiträgen
  • eine dauerhaft schleppende Zahlungsweise am Randes des wirtschaftlichen Abgrunds
  • zurückgegebene Lastschriften
  • nicht eingehaltene Zahlungszusagen
  • nicht nur vereinzelte Mahnungen
  • Nichtzahlung von Stromrechnungen
  • Pfändungen oder Vollstreckungen

Sind derartige Indizien vorhanden und ergibt sich aus der Gesamtschau, dass eine Zahlungseinstellung vorliegt, bedarf es nicht einer darüber hinaus gehenden Darlegung und Feststellung der genauen Höhe der gegen den Schuldner bestehenden Verbindlichkeiten oder einer Liquiditätslücke von mindestens 10 %.

Die Zahlungseinstellung wird regelmäßig erst dann beseitigt, wenn der Schuldner nicht nur einzelne Zahlungen leistet, sondern seine Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger wieder aufnimmt, und zwar auch an solche Gläubiger, deren Forderungen nach der Zahlungseinstellung fällig geworden sind.

Keine Zahlungseinstellung liegt vor, wenn der Schuldner nicht zahlt, weil er das Bestehen der Verpflichtung dem Grunde oder der Höhe nach mit begründeten Einwendungen bestreitet. Zahlungsunwilligkeit oder Zahlungsverweigerung liegt vor, wenn der Schuldner zur Zahlung objektiv in der Lage wäre.

IV. Methoden zur Bestimmung der Zahlungsunfähigkeit

Vorherrschend und als genaueste Methode zur Bestimmung der etwaigen Zahlungsunfähigkeit ist die sog. „Betriebswirtschaftliche Methode“.

Im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Methode lassen sich folgende drei Schritte unterscheiden:

Schritt 1: Stichtagsbezogener Finanzstatus („Zeitpunkt- Betrachtung),

Schritt 2: Dreiwöchiger Finanzplan („Zeitraum-Betrachtung),

Schritt 3: Korrekturebene für Ausnahmetatbestände („Zeitraum-Betrachtung).

Schritt 1:

Als erster Prüfungsschritt ist ein sog. stichtagsbezogener Finanzstatus aufzustellen. In diesen sind aktivseitig die zum Stichtag unmittelbar verfügbaren Zahlungsmittel, passivseitig die zum Stichtag fälligen Zahlungspflichten einzustellen. Der Finanzstatus zeigt auf, ob per se zum Stichtag eine Liquiditätslücke vorliegt und welches Ausmaß diese ggf. aufweist.

Schritt 2:

Bei Vorliegen einer Liquiditätslücke ab 10 Prozent ist zu ermitteln, ob die im ersten Schritt festgestellte Deckungslücke (voraussichtlich) innerhalb von drei Wochen überwunden werden kann und somit als bloße Zahlungsstockung zu qualifizieren ist. Hierzu ist auf der Grundlage des Finanzstatus des ersten Prüfungsschritts ein Finanzplan aufzustellen.

Das Ergebnis des Finanzplans entscheidet dann wieder- um über die weitere Prüfungsvorgehensweise:

  • Weist der Finanzplan aus, dass die Liquiditätslücke in der Dreiwochenfrist (voraussichtlich) vollständig geschlossen werden kann, liegt eine bloße Zahlungsstockung und damit keine Zahlungsunfähigkeit vor. Die Prüfung kann an dieser Stelle beendet werden.
  • Weist der Finanzplan aus, dass die Liquiditätslücke in der Dreiwochenfrist (voraussichtlich) unter die 10 Prozent-Grenze gebracht werden kann, liegt eine bloße Zahlungsstockung und damit grundsätzlich keine Zahlungsunfähigkeit vor.
  • Weist der Finanzplan aus, dass die Liquiditätslücke in der Dreiwochenfrist (voraussichtlich) nicht unter die 10 Prozent-Grenze gebracht werden kann, liegt grundsätzlich eine Zahlungsunfähigkeit vor. Es muss jedoch geklärt werden, ob nicht der Ausnahmetatbestand der demnächst vollständigen oder fast vollständigen Lückenschließung verwirklicht ist.

Schritt 3:

In den folgenden Fallkonstellationen muss noch eine Prüfung hinsichtlich der vom BGH vertretenen Ausnahmetatbestände vorgenommen werden:

  • Wenn der Finanzplan eine Liquiditätslücke von weniger als 10 Prozent ausweist, muss geprüft werden, ob bereits absehbar ist, dass innerhalb der folgenden drei bis sechs Monate die Lücke 10 Prozent oder mehr erreichen wird.
  • Weist der Finanzplan eine Liquiditätslücke von 10 Prozent oder mehr aus, muss geprüft werden, ob mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist,  dass die Liquiditätslücke innerhalb der folgenden drei bis sechs Monate vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist.

V. Drohende Zahlungsunfähigkeit

Der Sinn und Zweck des Eröffnungsgrundes der drohenden Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO besteht darin, bereits dann Insolvenzantrag stellen zu können, wenn die liquiden Mittel im Moment noch ausreichen, um die fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen, der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit jedoch bereits absehbar droht.

Der Eröffnungsgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit gilt allerdings nur für Insolvenzanträge des Schuldners.

Die Bedeutung des Antragsrecht nach § 18 InsO ist in der Praxis sehr gering.

VI. Handels- und insolvenzrechtliche Überschuldung

Bei juristischen Personen und ihnen gleichgestellten Personenhandelsgesellschaften gemäß  § 264 a HGB ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund. Überschuldung liegt nach § 19 Abs. 2 InsO vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Dies ist stets der Fall, wenn ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ausgewiesen wird.

Sofern eine positive Fortbestehensprognose vorliegt, d. h. die Fortführung des Unternehmens überwiegend wahrscheinlich ist und somit keine drohende Zahlungsunfähigkeit gegeben ist, liegt eine Überschuldung nicht vor.

Die Überschuldungsprüfung erfordert in aller Regel ein zweistufiges Vorgehen:

  1. Auf der ersten Stufe sind die Überlebenschancen des Unternehmens in einer Fortbestehensprognose zu beurteilen. Bei einer positiven Fortbestehensprognose liegt keine Überschuldung i. S. d. § 19 Abs. 2 InsO vor.
  2. Im Falle einer negativen Fortbestehensprognose sind auf der zweiten Stufe Vermögen und Schulden des Unternehmens in einem stichtagsbezogenen Status zu Liquidationswerten gegenüberzustellen. In diesem Fall liegt zumindest eine drohende Zahlungsunfähigkeit und damit ein Insolvenzantragsrecht vor. Ist darüber hinaus das sich aus dem Überschuldungsstatus ergebende Reinvermögen negativ, liegt zusätzlich eine Überschuldung vor, die eine Antragspflicht begründet.

Zur Feststellung einer zukünftigen, der Fortführung des Unternehmens entgegenstehenden Liquiditätslücke ist ausgehend von der Stichtagsliquidität im Prüfungszeitpunkt die gesamte finanzielle Entwicklung des Unternehmens für den Planungszeitraum in einer Fortbestehensprognose darzustellen. Sie wird auf Grundlage des Unternehmenskonzepts und des Finanzplans getroffen.

Im Falle einer positiven Fortbestehensprognose liegt keine Überschuldung vor; die Aufstellung eines Überschuldungsstatus ist in diesem Fall nicht erforderlich. Ist die Prognose hingegen negativ, ist festzustellen, ob neben der drohenden Zahlungsunfähigkeit auch der Insolvenzeröffnungsgrund der Überschuldung vorliegt. Dazu sind das Vermögen und die Schulden in einem stichtagsbezogenen Status (Überschuldungsstatus) gegenüberzustellen. Ein sich daraus ergebendes negatives Reinvermögen begründet eine Insolvenzantragspflicht.

VII. Schlussbemerkung

Die Bestimmung von Insolvenzantragsgründen ist im Einzelfall mitunter sehr komplex und bedarf sorgfältiger Prüfung und eingehender Beratung.

Die Pflicht zur rechtzeitigen Stellung des Insolvenzantrags gehört zweifellos zu den wichtigsten aller Pflichten eines Geschäftsführers. Es handelt sich um eine Kardinalpflicht, die von solch grundlegender Bedeutung ist, dass sich kein Geschäftsführer damit herausreden kann, nicht gewusst zu haben, was Gesetz und Rechtsprechung ihm abverlangen.

Meine Kanzlei berät und vertritt Sie hinsichtlich der aufgeworfenen Fragestellungen und begleitet Sie –sofern erforderlich – sowohl im möglichen Vergleichsverfahren, Insolvenzverfahren und letztlich auch in einem möglichen Strafverfahren.

Die Beratung, die der Geschäftsführer nach Insolvenzeröffnung für sich persönlich in Anspruch nimmt, um zu Verteidigungszwecken rückblickend eine Liquiditätsbilanz und einen Liquiditätsplan erstellen zu lassen, hat er selbst zu bezahlen. Beratung, die der Geschäftsführer im Vorfeld für die Gesellschaft in Anspruch nimmt, um die Situation prüfen zu lassen, ist hingegen von der Gesellschaft zu bezahlen.

Das Schutzschirmverfahren (ESUG)

ESUG-Verfahren nennt man die Einleitung eines Sonder-Insolvenzverfahren mit dem Ziel, das Unternehmen unter einem Schutzschirm nach § 270b InsO oder im Rahmen einer Eigenverwaltung nach § 270a InsO über einen Insolvenzplan zu sanieren und das Verfahren von Anfang an gemeinsam mit den wichtigsten Gläubigern im Rahmen eines sog. vorläufigen Gläubigerausschusses nach §§ 21, 22a InsO zu gestalten und mitzubestimmen.

Die wesentlichen Grundlagen des Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vom 01.03.2012 finden sich in den Vorschriften der §§ 270, 270a, 270b und 270c InsO.

§ 270 InsO Voraussetzungen

(1) Der Schuldner ist berechtigt, unter der Aufsicht eines Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten und über sie zu verfügen, wenn das Insolvenzgericht in dem Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Eigenverwaltung anordnet. Für das Verfahren gelten die allgemeinen Vorschriften, soweit in diesem Teil nichts anderes bestimmt ist. Die Vorschriften dieses Teils sind auf Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 304 nicht anzuwenden.

(2) Die Anordnung setzt voraus,

  1. dass sie vom Schuldner beantragt worden ist und
  2. dass keine Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird.

(3) Vor der Entscheidung über den Antrag ist dem vorläufigen Gläubigerausschuss Gelegenheit zur Äußerung zu geben, wenn dies nicht offensichtlich zu einer nachteiligen Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners führt. Wird der Antrag von einem einstimmigen Beschluss des vorläufigen Gläubigerausschusses unterstützt, so gilt die Anordnung nicht als nachteilig für die Gläubiger.

(4) Wird der Antrag abgelehnt, so ist die Ablehnung schriftlich zu begründen; § 27 Absatz 2 Nummer 4 gilt entsprechend.

§ 270a InsO Eröffnungsverfahren (Eigenverwaltung)

(1) Ist der Antrag des Schuldners auf Eigenverwaltung nicht offensichtlich aussichtslos, so soll das Gericht im Eröffnungsverfahren davon absehen,

  1. dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot aufzuerlegen oder
  2. anzuordnen, dass alle Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.

Anstelle des vorläufigen Insolvenzverwalters wird in diesem Fall ein vorläufiger Sachwalter bestellt, auf den die §§ 274 und 275 entsprechend anzuwenden sind.

(2) Hat der Schuldner den Eröffnungsantrag bei drohender Zahlungsunfähigkeit gestellt und die Eigenverwaltung beantragt, sieht das Gericht jedoch die Voraussetzungen der Eigenverwaltung als nicht gegeben an, so hat es seine Bedenken dem Schuldner mitzuteilen und diesem Gelegenheit zu geben, den Eröffnungsantrag vor der Entscheidung über die Eröffnung zurückzunehmen.

§ 270b InsO Vorbereitung einer Sanierung (Schutzschirmverfahren)

(1) Hat der Schuldner den Eröffnungsantrag bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gestellt und die Eigenverwaltung beantragt und ist die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos, so bestimmt das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans. Die Frist darf höchstens drei Monate betragen. Der Schuldner hat mit dem Antrag eine mit Gründen versehene Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalts oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation vorzulegen, aus der sich ergibt, dass drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, aber keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist.

(2) In dem Beschluss nach Absatz 1 bestellt das Gericht einen vorläufigen Sachwalter nach § 270a Absatz 1, der personenverschieden von dem Aussteller der Bescheinigung nach Absatz 1 zu sein hat. Das Gericht kann von dem Vorschlag des Schuldners nur abweichen, wenn die vorgeschlagene Person offensichtlich für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist; dies ist vom Gericht zu begründen. Das Gericht kann vorläufige Maßnahmen nach § 21 Absatz 1 und 2 Nummer 1a, 3 bis 5 anordnen; es hat Maßnahmen nach § 21 Absatz 2 Nummer 3 anzuordnen, wenn der Schuldner dies beantragt.

(3) Auf Antrag des Schuldners hat das Gericht anzuordnen, dass der Schuldner Masseverbindlichkeiten begründet. § 55 Absatz 2 gilt entsprechend.

(4) Das Gericht hebt die Anordnung nach Absatz 1 vor Ablauf der Frist auf, wenn

  1. die angestrebte Sanierung aussichtslos geworden ist;
  2. der vorläufige Gläubigerausschuss die Aufhebung beantragt oder
  3. ein absonderungsberechtigter Gläubiger oder ein Insolvenzgläubiger die Aufhebung beantragt und Umstände bekannt werden, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird; der Antrag ist nur zulässig, wenn kein vorläufiger Gläubigerausschuss bestellt ist und die Umstände vom Antragsteller glaubhaft gemacht werden.

Der Schuldner oder der vorläufige Sachwalter haben dem Gericht den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen. Nach Aufhebung der Anordnung oder nach Ablauf der Frist entscheidet das Gericht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

§ 270c InsO Bestellung des Sachwalters

Bei Anordnung der Eigenverwaltung wird anstelle des Insolvenzverwalters ein Sachwalter bestellt. Die Forderungen der Insolvenzgläubiger sind beim Sachwalter anzumelden. Die §§ 32 und 33 sind nicht anzuwenden.

Text

Durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) wurden dem Schuldner zusätzliche Möglichkeiten eröffnet, die Vorbereitung und Durchführung des Insolvenzverfahrens eigenverantwortlich auszugestalten.

I. Vorteile einer Sanierung unter Insolvenzschutz

Das Insolvenzrecht stellt Unternehmen, die sich zu einem möglichst frühen Zeitpunkt unter den Schutz des Insolvenzrechts stellen, eine Vielzahl von Sondervergünstigungen zur Verfügung, die es außerhalb eines solchen Verfahrens nicht gibt.

Hierzu zählen in erster Linie:

  • Die Geschäftsführung bleibt im Amt und vertritt auch weiterhin das Unternehmen nach außen, wenn auch unter der Aufsicht eines Sachwalters.
  • Für die Dauer von bis zu 3 Monaten werden die Löhne und Gehälter aus den Mitteln des Insolvenzgeldes finanziert, sodass die dadurch gesparte Liquidität in voller Höhe für die Sanierung eingesetzt werden kann.
  • Ein Unternehmen kann sich unter Insolvenzschutz aus ungünstigen, auch langfristen Verträgen durch einfache Erklärung lösen.
  • Zahlungen, die unter Druck geleistet worden sind, können zurückgefordert werden.
  • Die Anpassung der Personalstruktur ist deutlich vereinfacht und regelmäßig ohne Abfindungen möglich.
  • Ein Sanierungskonzept bedarf nicht der Zustimmung aller Gläubiger, sondern kann auch mit Mehrheit durchgesetzt werden.
  • Während der ganzen Dauer des Verfahrens ist das Unternehmen vor Eingriffen der Gläubiger geschützt.

Insgesamt gewährt damit das Insolvenzrecht dem Unternehmen eine „wettbewerbsrechtliche Auszeit“ und lässt ihm Vergünstigungen in großem Umfang zukommen, damit die Sanierung gelingt und Arbeitsplätze erhalten werden können.

In der Praxis bedeutet das, dass

  • sich die Durchführung einer Sanierung statt einer Zerschlagung deutlich erhöht hat,
  • sich die Abwicklungszeit bis zur Auszahlung einer Quote an die Gläubiger und damit Aufhebung des Insolvenzverfahrens wesentlich verkürzt hat,
  • die Quote für die Gläubiger mit durchschnittlich 15 % mehr als vierfach so hoch liegt wie im konventionellen Insolvenzverfahren,
  • der Unternehmer motiviert bleibt, da er die Aussicht auf ein grundsaniertes Unternehmen hat,
  • die Mitarbeiter motiviert bleiben, da diese die Aussicht haben, durch ihre Leistung ihren Arbeitsplatz zu erhalten.

Trotzdem ist das Eigenverwaltungsverfahren bei
vielen Unternehmen in der Krise nicht bekannt!

II. Vorbereitung eines Schutzschirmverfahrens

Ausschlaggebend ist, dass das Eigenverwaltungsverfahren frühzeitig und professionell vorbereitet wird und die Sanierungschancen richtig eingeschätzt werden.

Auch in einem Schutzschirmverfahren gilt, dass ein Insolvenzverfahren spätestens 21 Tage nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung zwingend eingeleitet werden muss – sonst machen sich die Beteiligten wegen Insolvenzverschleppung strafbar.

Je näher dieser Tag heranrückt, desto schwieriger wird eine strukturierte Vorbereitung insbesondere die Abstimmung mit den wichtigsten Gläubigern und dem Gericht. Es gilt als Faustregel, dass mindestens zwei Wochen Vorbereitungszeit unverzichtbar sind.

Um das Vertrauen des Gesetzgebers zu rechtfertigen, muss der Schuldner nicht nur formale Voraussetzungen erfüllen (z. B. Vorlage einer Bescheinigung nach § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO), sondern seinen Gläubigern ein überzeugendes Konzept präsentieren.

Umfangreiche Vorbereitungsmaßnahmen vor der Antragstellungzu treffen

Bereits vor der eigentlichen Antragstellung sind umfangreiche Vorbereitungsmaßnahmen zu treffen. Hierzu müssen alle für das Verfahren benötigten Unterlagen sorgfältig aufbereitet werden.

  1. Betriebswirtschaftliche Unterlagen:
  • zur Analyse der Krisenursachen und – stadien
  • zu Sanierungsansätzen und Maßnahmen zur Beseitigung der Krisenursachen
  • zur Identifizierung von offensichtlichen Sanierungshemmnissen
  • zur Erstellung einer integrierten Sanierungs-/Businessplanung sowie
  • zum Leitbild des sanierten Unternehmens
  1. Juristische Unterlagen:
  • allgemeine Rechtsverhältnisse, aber auch insolvenzrechtliche Auswirkungen innerhalb des Unternehmens
  • verschiedene insolvenzrechtliche Szenarien
  • steuer- und arbeitsrechtliche Aspekte
  1. Unterlagen zur Sicherstellung einer kooperativen Kommunikation mit allen Beteiligten, z. B. Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten, Behörden, Banken, Medien etc.

Hierzu ist die enge Zusammenarbeit mit dem Steuerberater und Wirtschaftsprüfer des Unternehmens unabdingbar, da neben den rechtlichen Kenntnissen im Handels- und Gesellschaftsrecht, im Insolvenzrecht vor allem auch betriebswirtschaftliche Fragestellungen – auf Basis aktueller Standards wie IDW S 6 – beantwortet werden müssen.

III. Unterschiede zwischen Schutzschirmverfahren und Eigenverwaltung

1. Voraussetzungen

Ein Schutzschirmverfahren kann nur eingeleitet werden, wenn das Unternehmen bei der Antragstellung noch allgemein zahlungsfähig ist und dies auch in den nächsten Wochen bleiben wird. Das Verfahren steht daher nur Unternehmen zur Verfügung, die noch nicht antragspflichtig sind, sondern sich freiwillig – wegen drohender Zahlungsunfähigkeit – unter den Schutzschirm des Insolvenzrechts begeben.

Drohend zahlungsunfähig ist ein Unternehmen, das im Moment noch in der Lage ist alle seine fälligen Verbindlichkeiten zu bedienen, dem aber im Laufe der nächsten Zeit bei Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit die Gefahr droht, dass es dazu nicht mehr in der Lage sein wird. Es handelt sich mithin um eine in die Zukunft gerichtete Prognose, die auf der Grundlage einer strukturierten Liquiditätsberechnung erfolgt, die bis zu einem Jahr in die Zukunft gerichtet sein kann.

Zwingend erforderlich ist, dass ein sachverständiger Dritter dem Unternehmen bescheinigt, dass es auf der Grundlage eines bereits vorliegenden Konzeptes grundsätzlich sanierungsfähig und fortführungswürdig und keine Zahlungsunfähigkeit gegeben ist.

Hingegen kann eine Eigenverwaltung auch bei bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit eingeleitet werden.

2. Befugnisse

Die Befugnisse des noch nicht zahlungsunfähigen Schuldners sind im Schutzschirmverfahren – sozusagen als Belohnung für die frühe Antragstellung – sehr weitreichend, allerdings sind die Hürden auch hoch.

Werden diese Hürden jedoch überwunden, dann hat das Unternehmen

  • ein eigenes Vorschlagsrecht zur Person des vorläufigen Sachwalters,
  • kann unbeschränkt Masseverbindlichkeiten begründen und
  • Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gerichtlich untersagen oder einstellen lassen.

Zudem wird ein Schutzschirmverfahren i. d. R. nicht veröffentlicht und der Antrag kann zurückgenommen werden, wenn sich innerhalb von 90 Tagen die Sanierung erreichen lässt.

Die Mitbestimmungsmöglichkeiten bei der Eigenverwaltung sind zwar ebenfalls sehr gut ausgebildet, allerdings nicht in dem Umfang wie beim Schutzschirmverfahren.

IV. Bescheinigung nach § 270b InsO

1. Ausstellung der Bescheinigung

Einigkeit besteht darüber, dass die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 270b InsO vorrangig nur durch sog. kammerangehörige Berufsträger erfolgen darf. Dazu gehören Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Ob auch andere Personen dazu als berechtigt angesehen werden, ist noch umstritten.

2. Inhalt einer Bescheinigung nach § 270b InsO

Der Gesetzgeber schreibt in § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO lediglich vor, dass die Bescheinigung mit Gründen versehen sein muss, von einem in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberater bzw. einer Person mit vergleichbarer Qualifikation stammt und sich aus ihr ergibt, dass drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, aber keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist.

Unverzichtbar Inhalt einer Bescheinigung nach § 270b InsO ist meines Erachtens:

  • eine aussagekräftige Darstellung der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens der letzten drei Jahre in Form von GuV und Bilanz,
  • eine Analyse der Krisenursachen und der Krisenstadien gemäß IDW S 6,
  • die Darstellung der Sanierungsansätze und Maßnahmen zur Beseitigung der Krisenursachen (Übersicht der Maßnahmen),
  • die Identifizierung von offensichtlichen Sanierungshemmnissen und erwartetes Verhalten der wichtigsten Stakeholder (Banken, Gesellschafter, Kunden, Lieferanten etc.),
  • eine integrierte Sanierungs-/Businessplanung für das laufende Wirtschaftsjahr und mindestens zwei Folgejahre (Ergebnis, Finanz und Vermögensplan) sowie
  • eine plausible Darstellung des Leitbildes des sanierten Unternehmens.

3. Umfang

Wenn ein ESUG-Verfahren Erfolg haben und die Mitwirkung und Mitbestimmung der Gläubiger vom ersten Tag eines Verfahrens gesichert werden soll, dann erfordert es, dass dem Gericht alle Unterlagen vorgelegt werden müssen, die in einem „normalen“ Insolvenzverfahren erst nach wochenlanger Arbeit durch einen Sachverständigen dem Gericht vorliegen.

In einem ESUG-Verfahren müssen all diese Anforderungen schon vor der Antragstellung erfüllt und mögliche weitere gerichtliche Bedenken müssen antizipiert werden. Das setzt notwendig eine Klärung mit dem Gericht über die Inhalte eines solchen Antrags voraus, die je nach zuständigem Gericht oder zuständigem Richter variieren können. Ohne eine professionelle Vorarbeit und Begleitung im Verfahren ist das nicht machbar.

Regelmäßig erreicht ein „ordentlicher“ ESUG-Antrag mit den gesetzlich erforderlichen Unterlagen einen Umfang von mindestens einem Aktenordner.

V. Gläubigerausschuss

Der vorläufige Gläubigerausschuss ist das zentrale Steuerungsinstrument in einem ESUG-Verfahren.

Er soll die Mitwirkung und Mitbestimmung der Beteiligten vom ersten Tag eines Verfahrens an sichern, was notwendigerweise erfordert, dass dessen Mitglieder bereits vor der Antragstellung ausgewählt werden und zur Übernahme des Amtes bereit sind.

Da in dem frühen Stadium des Verfahrens die Gläubiger noch nicht alle bekannt sind, erfordert die Zusammensetzung des Ausschusses eine Repräsentation aller beteiligten Gruppen und sollte daher regelmäßig aus 5 Mitgliedern bestehen (Kreditinstitut, Sicherungsgläubiger, Arbeitnehmervertreter, institutionelle Gläubiger wie z.B. Bundesagentur, Krankenkasse etc.) sowie einem ungesicherten Kleingläubiger.

Jedes Mitglied des Gläubigerausschusses hat eine Stimme, egal wie hoch dessen Forderung ist.

Der Gläubigerausschuss hat die Aufgabe die Arbeit des eigenverwaltenden Schuldners und/oder die des vorläufigen Verwalters zu überwachen und hat zudem u.a. die folgenden Rechte und Pflichten:

  • Anhörungsrecht vor Bestellung eines Verwalters durch Benennung eines konkreten Anforderungsprofils (§ 56a Abs. 1 InsO)
  • Einstimmiger, bindender Vorschlag für einen Verwalter (§ 56a Abs. 2 InsO)
  • einstimmige Ersetzung der gerichtlichen Auswahlentscheidung ohne Beteiligung des vorläufigen Gläubigerausschusses (§ 56a Abs. 3 InsO)
  • Antrag auf Aufhebung des Schutzschirmverfahrens vor Ablauf der gesetzten Frist (§ 270b Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 InsO)
  • Stellungnahme zum Antrag auf Eigenverwaltung (§ 270 Abs. 3 InsO)
  • alle gesetzlichen Aufgaben nach § 69 InsO, insbesonder Unterstützung und Überwachung des Verwalters bei seiner Geschäftsführung sowie
  • Zustimmung zu allen Maßnahmen nach § 160 InsO, d. h. zu Zustimmung zu Rechtshandlungen, die für das Insolvenzverfahren von besonderer Bedeutung sind

Meine Kanzlei berät und vertritt Sie hinsichtlich der aufgeworfenen Fragestellungen und begleitet Sie – sofern erforderlich – in einem möglichen Schutzschirmverfahren als Sachwalter.

Zur optimalen Besprechungsvorbereitung sind folgende Unterlagen dringend erforderlich:

♦ GmbH-Vertrag einschließlich Satzung der GmbH, sämtlichen Nachträgen, aktuelle Gesellschafterliste, Geschäftsführerverträge, Stille Gesellschafter, etc.

♦ Aktueller Handelsregisterauszug der GmbH.

♦ Nachweis über Einzahlung Stammkapital (Einzahlungsbeleg, Kontoauszug sowie Kontoauszüge für die Zeit 6 Monate nach Einzahlung).

♦ Debitorenliste mit geordneter Aufstellung der offenen Rechnungen die Sie an Dritte gestellt haben, sofern Sie Forderungen gegen Dritte haben.

♦ Kreditorenliste mit allen Unterlagen zu Ihren Gläubigern (insbesondere Titel, Forderungsaufstellungen, Anspruchsbegründungen).

♦ Laufende Bankverbindungen mit Kontonummern und Anschrift der Bank.

♦ Aktueller Kontostand, Kontoauszüge der letzten 3 Monate.

♦ Lohnabrechnungen, Bescheide Arbeitsamt oder Sozialamt zum Einkommen der letzten 6 Monate, Unterhaltstitel oder Vereinbarung.

♦ Betriebswirtschaftliche Auswertungen des Gewerbebetriebes der letzten vier Jahre bis heute.

♦ Genaue Inventarliste Betriebs- und Geschäftsausstattung und Werkzeuge.

♦ Unterlagen zu Verkäufen von Anlagevermögen in den letzten 12 Monaten.

♦ Kopien von bestehenden Miet- bzw. Leasingverträgen (auch Wohnungs-Mietvertrag).

♦ Kopien der letzten Einkommenssteuerbescheide Erklärungen sowie Jahresabschlüsse und Bilanzen der vergangenen fünf Jahre.

♦ Kfz-Schein und Kfz-Brief, falls Kfz vorhanden.

♦ Sicherungsverträge (Abtretungserklärungen, Sicherungsübereignungsverträge, Pfändungen).

♦ Kopieen aller eventuell bestehenden Sparbücher, Verträge über vermögenswirksame Leistungen, Bausparverträge, Lebensversicherungen.

♦ Unterlagen zu bestehenden Versicherungen (auch Restschuldversicherungen für Bankkredite, Darlehensverträge).

♦ Unterlagen zu Zwangsvollstreckungen und Pfändungen der letzten fünf Jahre.

♦ Aufstellung aller anhängigen Aktiv- und Passivprozesse mit Verfahrensstand.

♦ Angabe der Berufsgenossenschaft samt Mitgliedsnummer.

♦ Gewerbeanmeldungen/ Gewerbeabmeldungen.

♦ Unterlagen zu Genossenschaftsanteilen und sonstigen Beteiligungen.

♦ Schenkungen und Veräußerungen an Angehörige, verbundene Unternehmen oder Gesellschaften in den letzten zwei Jahren.

Zur optimalen Besprechungsvorbereitung ist es empfehlenswert – neben den weiteren Unterlagen – den Antrag auf Eröffnung eines Regelinsolvenzverfahrens – so umfassend wie möglich – auszufüllen.

Einen amtlichen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens finden Sie hier:

Download FormularAmtlicher Antrag eines Insolvenzverfahrens

Abweisung mangels Masse

Insolvenzverfahren – Abweisung mangels Masse, § 26 InsO – Rechtsfolgen?

Rechtzeitig handeln, strategisch vorgehen.

Nachdem ein Insolvenzantrag gestellt wurde, prüft das Gericht über einen vorläufigen Insolvenzverwalter, ob das Vermögen des Unternehmens voraussichtlich ausreichen wird, um die Verfahrenskosten (Gerichtsgebühr, Honorar des Insolvenzverwalters, etc.) zu decken.

I. Auflösung des Unternehmens

Unternehmen als juristische Personen (Genossenschaft, Verein, GmbH, AG usw.) und Personengesellschaften (offene Handelsgesellschaft / OHG – oder Kommanditgesellschaft / KG) sind vom Gesetz her aufzulösen. Das Insolvenzgericht wird die Eintragung eines Auflösungsvermerkes und später die Löschung im Handelsregister und weiteren öffentlichen Verzeichnissen veranlassen.

II. Eintragung in das Schuldnerverzeichnis

Die Abweisung eines Eröffnungsantrags mangels Masse führt zur zwangsweisen Eintragung des Unternehmens in das Schuldnerverzeichnis. Dieses Register ist für jedermann – aber nur bei Darlegung eines entsprechenden Zweckes – einsehbar.

III. Fortführung der Zwangsvollstreckung

Das Amt des vorläufigen Insolvenzverwalters endet.

Sicherungsmaßnahmen aller Art werden aufgehoben. Somit ist die Zwangsvollstreckung aus vorhandenen Titeln (Urteil, gerichtlicher oder notarieller Vergleich, Vollstreckungsbescheid, vollstreckbare Urkunde) für alle Gläubiger wieder unbeschränkt möglich. Welche Aussichten auf Erfolg eine Zwangsvollstreckung – nach einer Abweisung mangels Masse – hat, kann nur im Einzelfall beurteilt werden.

IV. Strafrechtliche Konsequenzen für den Geschäftsführer

Zwei Drittel aller Geschäftsführer, die für ihre Gesellschaft einen Insolvenzantrag stellen mussten, haben diesen zu spät gestellt. Der Straftatbestand der Insolvenzverschleppung ist daher jedem Insolvenzverfahren – gleich ob es eröffnet oder mangels Masse abgewiesen wird – Prüfungsgegenstand der Staatsanwaltschaft. Aufgrund Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi) sind die Insolvenzgerichte verpflichtet, die Strafverfolgungsbehörden von einem Insolvenzverfahren zu unterrichten und die Akten zur strafrechtlichen Prüfung zu übersenden.

Eine Insolvenzverschleppung nach § 15a der Insolvenzordnung (InsO) liegt vor, wenn die Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO oder die Überschuldung nach § 19 InsO gegeben ist. In diesem Fall ist der Geschäftsführer einer GmbH oder Aktiengesellschaft verpflichtet, binnen einer Frist von drei Wochen einen Insolvenzantrag zu stellen. Versäumt er diese Frist, begeht er eine Insolvenzverschleppung.

Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht. Dies trifft aber bei der Insolvenzverschleppung zu.

Der verursachte  Schaden und die Dauer der Insolvenzverschleppung sind maßgebliche Kriterien für die Strafhöhe. Bei einem großen Schaden und langen Dauer der Insolvenzverschleppung droht durchaus eine Freiheitsstrafe, vgl. § 15a InsO.

Neben dem Tatbestand der Insolvenzverschleppung können weitere Straftatbestände verwirklicht sein, wie zum Beispiel Betrug (§ 263 StGB), Kreditbetrug (§ 265b StGB), Untreue (§ 266 StGB), Beitragsvorenthaltung (§ 266a StGB), Bankrott (§ 283 StGB).

Bei einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung tritt auch die Nebenfolge ein, dass der Verurteilte nicht mehr Geschäftsführer sein darf (Inhabilität).

Auch ein Strafbefehl wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung z.B. mit 90 Tagessätzen oder weniger schließt die Möglichkeit aus, weiterhin Geschäftsführer zu sein – auf die Dauer von fünf Jahren -unweigerlich aus. Das Registergericht wird die Eintragung des Geschäftsführers im Handelsregister von Amts wegen löschen.

Von besonderer Bedeutung ist weiter, dass sich bei einer strafrechtlichen Verurteilung nicht selten auch eine zivilrechtliche Haftung und Inanspruchnahme des Geschäftsführers als Privatperson anschließt.

Von besonderer Wichtigkeit ist daher die Verteidigungsstrategie:

Hier sind zunächst die wirklichen Gründe die zur Insolvenz, bzw. zur Insolvenzverschleppung geführt haben von besonderer Bedeutung und besonders herauszuarbeiten um dann eine maßgeschneiderte Strategie im Rahmen eines Gesamtkonzeptes zu entwickeln. Ansonsten besteht die ernstzunehmende Gefahr, sich durch eigene Aussagen – ohne anwaltlichen Rat – bei einer polizeilichen Vernehmung, beispielsweise durch widersprüchliche Auskünfte in (unnötige) Schwierigkeiten zu bringen. Häufig versuchen Geschäftsführer sich bei dem ermittelnden Beamten zu „entschuldigen“ und die Situation zu erklären und liefern dadurch den Strafverfolgungsbehörden gerade erst wichtige Informationen.

V. Eröffnung Liquidationsverfahren

Es folgt das Liquidationsverfahren. Der Geschäftsführer wird dabei zum Liquidator der GmbH. Dieser hat die Aufgabe, die Schlussliquidation durchzuführen und in diesem Zusammenhang die gegebenen steuerrechtlichen Pflichten zu beachten.

Das Insolvenzgericht teilt den Registergerichten in der Regel die Tatsache einer Insolvenzabweisung mangels Masse von Amts wegen mit.

Entweder ist die GmbH dann tatsächlich vollkommen vermögenslos, oder weiteres Vermögen müsste durch Anfechtung – insbesondere gemäß § 133 Abs. 1 InsO – erlangt werden, die jedoch nicht immer rechtlich erfolgreich durchsetzbar ist oder es ist nur noch unbedeutendes Restvermögen (wie z. B. als uneinbringlich bewertete Forderungen, Grundstücke mit wertaufzehrenden erstrangigen Grundschulden, etc.) vorhanden.

Erhält der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft Kenntnis davon, dass das Insolvenzverfahren mangels Masse abgelehnt wird, wird er per Gesetz wieder Organ der Gesellschaft mit allen Rechten und Pflichten und hat das Liquidationsverfahren einleiten. Die Firma hat den Zusatz i. L. zu führen. Es ist eine Eröffnungsbilanz zu erstellen.

Es gelten die Verfahrensgrundsätze der regulären Liquidation. Die Gesellschafter haben einen Liquidator zu bestellen, der das Restvermögen höchstmöglich veräußert.

Erfahrene Gläubiger oder deren Anwälte können natürlich versuchen, in dieser Zeit titulierte Forderungen mit den möglichen Arten der Vollstreckung durchzusetzen.

Im Rahmen der Liquidation werden regelmäßig in erster Linie die Sicherungsgläubiger versuchen, die Ihnen zustehenden Sicherheiten mit Hilfe des Liquidators zu verwerten.

Nicht durch Dritte belastetes Vermögen der Gesellschaft hat der Liquidator zu bewerten und zu verwerten.

Bei Liquidation „nach Ablehnung mangels Masse“
gilt nicht mehr das Verbot der Gläubigerbenachteiligung.

Bei der durchzuführenden Verteilung des möglichen Erlöses im Rahmen der Liquidation obliegt es dem Liquidator, wem er wann wie viel gibt.

Der Erlös aus der Veräußerung – häufig werden Preise durchgesetzt, die nicht marktgerecht sind – reicht nie für alle Gläubiger aus, so dass beliebige Gläubiger ganz oder teilweise ausgezahlt werden, ohne dass die anderen Übergangenen und nicht Berücksichtigten dagegen etwas einwenden können.

Hier ist eine Lücke im Gesetz: Der Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerberücksichtigung wie im Rahmen eines Insolvenzverfahrens vom Gesetzgeber vorgegeben, ist nach dessen Aufhebung bei einer Liquidation nach Insolvenzablehnung außer Kraft gesetzt.

Die Buchführungspflicht der Gesellschaft bleibt während der Liquidation im vollem Umfang bestehen, d. h. der Liquidator hat gleichfalls die Pflicht, die Bücher auch im Rahmen der Liquidation wie ein ordentlicher Kaufmann und nach gesetzlichen Anforderungen zu führen.

In dem gesetzlichen Zeitraum der Liquidation müssen auch deshalb die Bücher ordnungsgemäß und zeitnah geführt werden, da den ausgefallenen Gläubigern ein starkes Einsichtsrecht in die Buchführung zusteht. Sie dürfen und können sich umfassend über die Umstände informieren, unter denen sie mit ihren Forderungen ausgefallen sind. Grundsätzlich sind die Gläubiger berechtigt, nach Tatsachen zu forschen, ob ihnen ein entsprechender Schadenersatzanspruch zusteht.

VI. Abschlussvergleich

Um die Gläubiger nicht noch mehr zu verärgern, und hier eine gleichmäßige und vielleicht für später wichtige Gläubigerbefriedigung zu erhalten, ist der Versuch eines Liquidationsvergleiches immer sinnvoll. Dabei werden sämtliches Anlagevermögen und sonstige Werte liquidiert und dann im Rahmen einer zu ermittelnden Quote den Gläubigern mitgeteilt.

Auch selbst bei Forderungen, die aufgrund gerichtlicher Urteile vollstreckbar sind, sollte mit den Gläubigern oder ihren Vertretern gesprochen werden, ob sie sich nicht auch – der Fairness halber – an dem quotalen Vergleich beteiligen wollen. Regelmäßig ist eine quotale Einigung – mit Nachweis, dass das Anlagevermögen bzw. die restlichen Vermögensverwerte marktgerecht und zu besten Preisen verwertet worden ist – im Rahmen eines Vergleichs zu erzielen, sodass das Unternehmen auch „tatsächlich“ beendet und endgültig abgeschlossen werden kann.

Meine Kanzlei berät und vertritt Sie hinsichtlich der aufgeworfenen Fragestellungen und begleitet Sie sowohl im Strafverfahren als auch im anschließenden Liquidationsverfahren und möglichen Vergleichsverfahren.

Insolvenzanfechtung, Anfechtung im Insolvenzverfahren

Im Vorfeld der Insolvenz wird der Schuldner oftmals von einzelnen Gläubigern bedrängt, zu ihren Gunsten Vermögensverfügungen vorzunehmen, die für die übrigen Gläubiger des Schuldners von Nachteil sind, da durch solche Verfügungen das Vermögen des Schuldners kleiner wird und damit auch weniger Haftungsmasse für die übrigen Gläubiger zur Verfügung steht.

Mit den Anfechtungsvorschriften der Insolvenzordnung (§§ 129 ff. InsO) hat der Insolvenzverwalter unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, solche ungerechtfertigten Vermögensverschiebungen des Schuldners aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die sich nachteilig für die Insolvenzmasse erweisen, nachträglich wieder zu beseitigen.

Die einzelnen Anfechtungstatbestände sind in den §§ 130 -136 InsO geregelt.

I. Allgemeines zur Insolvenzanfechtung

Die Insolvenzanfechtung findet auf Vermögensverschiebungen aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung Anwendung. Vermögensverschiebungen, die der Gemeinschuldner nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen hat, werden nicht von den anfechtungsrechtlichen Vorschriften erfasst. Diese Vermögensverschiebungen sind nach § 81 InsO unwirksam.

1. Zur Anfechtung berechtigter Personenkreis

Zur Anfechtung berechtigt ist nur der Insolvenzverwalter, § 129 InsO; der vorläufige Insolvenzverwalter ist nicht zur Anfechtung berechtigt. Damit ist weitere Voraussetzung für eine Anfechtung nach der Insolvenzordnung, dass das Insolvenzverfahren auch eröffnet wurde.

Anfechtungen in der Insolvenz waren bislang nur in Insolvenzverfahren für Unternehmer möglich gewesen (Regelinsolvenz). Mit der Reform der Insolvenzordnung (InsO) zum Juli 2014 hat der Gesetzgeber bestimmt, dass jetzt auch Anfechtungen in Verbraucherinsolvenzverfahren möglich sind.

2. Gegenstand des Anfechtungsanspruches

Die Anfechtung bezieht sich immer auf eine Rechtshandlung des Schuldners, die auch in einem Unterlassen bestehen kann. Durch das Anfechtungsrecht wird gem. § 143 InsO ein Rückgewähranspruch zur Insolvenzmasse begründet.

3. Gegner des Anfechtungsanspruches

Der Anfechtungsanspruch richtet sich gegen Gläubiger des Insolvenzschuldners oder deren Rechtsnachfolger (z. B. Erben).

Gem. § 138 InsO kann sich der Anfechtungsanspruch auch gegen die dem Gemeinschuldner nahe stehenden natürlichen oder juristischen Personen richten. Nahe stehende Personen des Insolvenzschuldners sind insbesondere sein Ehegatte sowie Verwandte in auf- und absteigender Linie. Ferner Personen, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Insolvenzschuldner leben.

Bei juristischen Personen oder bei Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit sind nahe stehende Personen gem. § 138 Abs. 2 InsO die Mitglieder des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans, der persönlich haftende Gesellschafter sowie Personen, die zu mehr als 25% am Kapital des insolventen Unternehmens beteiligt sind.

4. Anfechtungsklage

Soweit der Anfechtungsgegner außergerichtlich nicht zu einer Rückgewähr bereit ist, muss der Insolvenzverwalter den Anspruch mit einer Anfechtungsklage durchsetzen.

5. Anfechtungsfrist

Die Anfechtungsfrist beginnt mit dem Tag zu laufen, an dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Insolvenzgericht eingegangen ist, § 139 Abs. 1 InsO.

Die Verjährung des Anfechtungsanspruchs richtet sich nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, § 146 InsO. Die Verjährungsfrist beträgt daher drei Jahre. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Insolvenzverwalter von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste.

II. Anfechtung bei kongruenter Deckung

Nach § 130 InsO ist im Falle einer kongruenten (übereinstimmenden) Deckung eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt hat, die in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzantrag

oder

danach gewährt wurde, sofern der Anfechtungsgegner zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlungen von der Zahlungsunfähigkeit oder von dem Eröffnungsantrag wusste.

§ 130 InsO stellt ausdrücklich allein auf die Zahlungsunfähigkeit ab.

1. Voraussetzung für einen Anfechtungsanspruch gem. § 130 Abs. 1 Ziff. 1 InsO ist danach, dass dem Anfechtungsgegner die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bekannt war.

Ein Schuldner ist zahlungsunfähig im Sinne von § 17 InsO, wenn er innerhalb von drei Wochen 10 Prozent oder mehr seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten nicht erfüllen kann (Urteil des BGH vom 08.10.2009, Az. IX ZR 173/07; Urteil des BGH vom 24.05.2005, Az. IX ZR 123/04).

Die Beweislast für das Vorliegen sowohl der objektiven, als auch der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen liegt grundsätzlich beim Insolvenzverwalter.

Diese Zahlungsunfähigkeit zu beweisen ist für einen Insolvenzverwalter meistens schwer. Denn in der Praxis stehen dem Insolvenzverwalter oft nur unvollständige oder ungeordnete Buchhaltungsunterlagen zur Verfügung. Er muss sich daher in der Regel auf Indizien stützen.

Meistens wird sich der Insolvenzverwalter zur Bestimmung der Zahlungsunfähigkeit auf das Indiz der Zahlungseinstellung stützen. Denn Zahlungsunfähigkeit ist nach § 17 Abs. 2 InsO regelmäßig dann anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

Der BGH (Urteil des BGH vom 12.10.2006,Az. IX ZR 228/03) führt hierzu aus:

„Zahlungseinstellung ist dasjenige Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise eine Zahlungsunfähigkeit ausdrückt. Es muss sich also für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. […] Eigene Erklärungen des Schuldners, eine fällige Verbindlichkeit nicht begleichen zu können, deuten auf eine Zahlungseinstellung hin, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte versehen sind.“

Der Bundesgerichtshof stellt dem Insolvenzverwalter noch einige weitere Indizien zur Verfügung, anhand derer die Zahlungsunfähigkeit zum fraglichen Zeitpunkt nachgewiesen werden kann.

Es genügt bereits, dass der Insolvenzgläubiger als Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Beurteilung die drohende Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt. Das kann z. B. eine Zahlungseinstellung des Schuldners sein, welche oft aus dem Schriftverkehr ersichtlich ist – also wenn der Schuldner offen berichtet, dass er finanzielle Engpässe hat und deshalb um eine Ratenzahlung bittet. Darüber hinaus kann der Insolvenzverwalter seine Anfechtung auch auf das Vorliegen und die Dauer von Zahlungsrückständen, auf die Häufigkeit eventueller Mahnungen und insbesondere auf die im Vorfeld erfolgte Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen stützen.

Diese Rechtsprechung entwickelt sich stetig – tendenziell zu Lasten der Insolvenzgläubiger – weiter.

2. Die Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Ziff. 2 InsO erfordert, dass der Anfechtungsgegner von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder dem Eröffnungsantrag zum Zeitpunkt der Rechtshandlung wusste.

Hierfür ist positive Kenntnis erforderlich, wobei gemäß § 130 Abs. 2 InsO die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrages mit der Kenntnis von Umständen gleichzusetzen ist, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

Bei einer Rechtshandlung nach dem Insolvenzantrag (§ 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO) reicht es also aus, dass der Insolvenzverwalter nachweist, dass der Insolvenzgläubiger gewusst hat, dass ein Insolvenzantrag in der Welt ist.

3. Eine Ausnahme besteht allerdings bei einer Anfechtung gegenüber Personen, die dem Insolvenzschuldner zur Zeit der Handlung nahe standen. Wer nahe stehende Person ist, bestimmt § 138 InsO.

Gegenüber diesem Personenkreis wird die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags vermutet, § 130 Abs. 3 lnsO.

III. Anfechtung wegen inkongruenter Deckung

Die Anfechtung nach §131 InsO greift im Fall einer inkongruenten (nicht übereinstimmenden) Deckung durch.

Von einer inkongruenten Deckung spricht man, wenn einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht wird, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit hätte beanspruchen können.

Die praktisch wichtigsten Fälle der inkongruenten Deckung sind:

  • Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, z. B. Sachpfändungen oder Kontopfändungen bei Banken
  • Druckzahlungen, d. h. Zahlungen, die zur Abwendung von unmittelbar bevor stehenden Zwangsvollstreckung dienen
  • nachträgliche Kreditbesicherungen
  • nicht fällige Zahlungen, da der Gläubiger diese Zahlungen nicht „zu der Zeit“ beanspruchen konnte

Solche Rechtshandlung sind anfechtbar.

§ 131 InsO stellt somit erhöhte Anforderungen an den Gläubiger/Anfechtungsgegner. Zum einen muss er sich gegenüber dem Insolvenzverwalter entlasten, zum anderen werden die Anfechtungszeiträume durch § 131 InsO ausgedehnt.

Anfechtbar sind nach § 131 InsO Rechtshandlungen, die bis zu 3 Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Handlung zahlungsunfähig war (§ 131 Abs. 1 Ziff. 2 InsO) oder der Gläubiger/Anfechtungsgegner wusste, dass die Handlung die Insolvenzgläubiger in ihrer Gesamtheit benachteiligt (§ 131 Abs. 1 Ziff. 3 lnsO).

1. Rechtshandlungen, die bis zu einem Monat vor dem Eröffnungsantrag – bei einer inkongruenten Deckung – getätigt wurden, sind ohne weitere Voraussetzungen anfechtbar, § 131 § Abs. 1 Nr. 1 InsO. Kenntnis und grob fahrlässige Unkenntnis von der Krise sowie die Krise selbst werden unwiderleglich vermutet.

2. Für inkongruente Deckungen, die innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag erfolgten, besteht keine unwiderlegliche Vermutung für eine Krise. Eine solche Vermutung ist wegen des größeren zeitlichen Abstands zum Eröffnungsantrag nicht mehr gerechtfertigt. In diesen Fällen ist die Anfechtbarkeit von inkongruenten Deckungshandlungen über diesen Zeitraum hinaus von weiteren Voraussetzungen abhängig.

So ist eine Rechtshandlung im zweiten oder dritten Monat vor dem Eröffnungsantrag gem. § 131 Abs. 1 Ziff. 2 InsO nur anfechtbar, wenn in diesem Zeitraum bereits die Zahlungsunfähigkeit beim Schuldner eingetreten war.

Bei einer Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO muss der Schuldner im Zeitpunkt der Leistungsgewährung objektiv zahlungsunfähig gewesen sein, was vom Insolvenzverwalter zu beweisen ist. Dagegen werden die subjektiven Voraussetzungen (Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Zahlungsunfähigkeit) werden wegen der besonderen Auffälligkeit eines inkongruenten Erwerbs unwiderleglich vermutet.

3. Ist zum Zeitpunkt der inkongruenten Deckungshandlung objektiv noch keine Zahlungsunfähigkeit gegeben, ist eine Rechtshandlung während des zweiten und dritten Monats dennoch anfechtbar, wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass dadurch die Insolvenzgläubiger benachteiligt werden, § 131 Abs. 1 Ziff. 3 InsO.

Auch für die Kenntnis einer solchen Benachteiligung trägt der Insolvenzverwalter die Beweislast.

Sofern ein Gläubiger weiß, dass die ihm gewährte Befriedigung oder Sicherung andere Gläubiger benachteiligt, so nimmt er zumindest billigend in Kauf, dass der Schuldner in absehbarer Zeit nicht mehr alle seiner Gläubiger wird befriedigen können. Aus diesem Grund hat er hinzunehmen, dass er im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit den anderen Insolvenzgläubigern gleich gestellt wird.

4. Ist der Anfechtungsgegner eine nahestehende Person im Sinne von § 138 InsO, muss er als Anfechtungsgegner beweisen, dass er es nicht wusste, dass die angefochtene Rechtshandlung zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt hat.

Auf die objektive Voraussetzung der Zahlungsunfähigkeit hat das Gesetz für diesen Fall bewusst verzichtet. Die subjektive Voraussetzung der Benachteiligungsabsicht muss allerdings vorliegen.

So hat der Insolvenzverwalter zu beweisen, dass dem Anfechtungsgegner entweder die Benachteiligungsabsicht bekannt war oder dass er Kenntnis von Umständen hatte, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen.

IV. Anfechtung unmittelbar nachteiliger Rechtshandlungen

Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen sind nach § 132 InsO anfechtbar.

Gem. § 132 Abs. 1 Ziff. 1 InsO ist ein Rechtsgeschäft – welches die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt – des Schuldners anfechtbar, wenn es in den letzten 3 Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurde, der Schuldner im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäftes zahlungsunfähig war und wenn der Anfechtungsgegner von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners Kenntnis hatte.

Wurde das Rechtsgeschäft erst nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen, so ist es gemäß § 132 Abs. 1 Ziff. 2 InsO anfechtbar, sofern der Anfechtungsgegner die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

De Gläubigerbenachteiligung folgt unmittelbar aus einem Rechtsgeschäft, ohne dass es hierfür weiterer Umstände bedarf. Unter § 132 InsO fallen auch einseitige Rechtsgeschäfte, wie z.B. die Kündigung (auch Kündigung eines Kredites), ein ohne Annahmeerklärung wirksamer Verzicht oder der Rücktritt

V. Anfechtung bei vorsätzlicher Benachteiligung

Nach § 133 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten 10 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen hat.

Der Anfechtungsgegner muss den Vorsatz des Schuldners im Zeitpunkt der Handlung gekannt haben. Die Absicht der Gläubigerbenachteiligung muss nicht Beweggrund oder überwiegender Zweck der Handlung des Schuldners gewesen sein. Entscheidend sind vielmehr das Bewusstsein und der Wille, die übrigen Gläubiger zu benachteiligen. Es genügt, dass der Nachteil als mutmaßliche Folge des Handelns erkannt und billigend in Kauf genommen wurde.

Typischerweise sind dies Fälle eines strafbaren Zusammenwirkens zulasten der Insolvenzmasse. Der Gläubiger hilft dem Schuldner, Gegenstände aus seinem Vermögen zu verdecken, um einen Insolvenzbeschlag über diese Gegenstände zu vermeiden. Wegen der Strafbarkeit dieser Handlung besteht auch für die Insolvenzanfechtung eine lange Zehnjahresfrist. Die Beweisanforderungen an den Insolvenzverwalter sind aber auch dementsprechend hoch.

Die Beweislast für den Vorsatz des Schuldners, die anderen Gläubiger zu benachteiligen und für die Kenntnis des Anfechtungsgegners liegt beim Insolvenzverwalter und ist auch dementsprechend hoch.

Dabei erleichtert die gesetzliche Vermutung nach § 133 Abs. 1 S. 2 InsO es dem Verwalter, den Vorsatz nachzuweisen. Allerdings gibt es auch hier Vermutungen, die dem Insolvenzverwalter entgegenkommen. Nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO wird vermutet, dass der Anfechtungsgegner den Benachteiligungsvorsatz kannte, wenn er zum Zeitpunkt der betreffenden Rechtshandlung um die Zahlungsunfähigkeit des Schuldner und um die gläubigerbenachteiligende Wirkung der Rechtshandlung wusste. Auch hier stellt die neuere Rechtsprechung immer mehr auf Indizien ab.

§ 133 in Abs. 2 InsO beinhaltet einen weiteren Anfechtungstatbestand. Danach ist ein vom Schuldner mit einer nahe stehenden Person im Sinne des § 138 InsO geschlossener entgeltlicher Vertrag anfechtbar, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden.

Eine Anfechtung scheidet nur dann aus, wenn der Vertrag 2 Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

VI. Anfechtung bei unentgeltlicher Leistung

Nach § 134 InsO ist jede unentgeltliche Leistung des Gemeinschuldners anfechtbar, es sei denn, sie ist früher als 4 Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

Bloße Gelegenheitsgeschenke von geringem Wert sind nicht anfechtbar, § 134 Abs. 2 InsO.

Der Tatbestand umfasst nicht nur rechtsgeschäftliche Verfügungen, sondern jede unentgeltliche Leistung, insbesondere auch sog. gemischte Schenkungen.

Die Beweislast für eine Schenkung vor dem Anfechtungszeitraum wird umgekehrt, um betrügerische Rückdatierungen wirksam entgegentreten zu können. Der Insolvenzverwalter ist lediglich für die unentgeltliche Leistung beweispflichtig.

VII. Anfechtung bei kapitalersetzenden Darlehen

Anfechtbar sind gemäß § 135 InsO Rechtshandlungen, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens, welches kapitalersetzenden Charakter hat, eine Sicherung oder eine Befriedigung gewährt hat.

  • Bei der Sicherungsgewährung nach § 135 Ziff. 1 InsO ist es ausreichend, wenn die Handlung in den letzten 10 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist.
  • Bei der Gewährung einer Befriedigung gem. § 135 Ziff. 2 InsO muss die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden sein.
  • 135 InsO spricht allgemein von der “Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines kapitalersetzenden Darlehens”. Damit sind auch die Fälle der §§ 129 a, 172 a HGB (kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen bei einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft ohne persönliche Haftung einer natürlichen Person) und auch die von der Rechtsprechung anerkannten weiteren Fälle kapitalersetzender Darlehen erfasst.

Nicht jedes Gesellschafterdarlehen ist auch gleichzeitig ein kapitalersetzendes Darlehen. Ein kapitalersetzendes Darlehen liegt immer dann vor, wenn ein Gesellschafter als ordentlicher Kaufmann der Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt Eigenkapital zugeführt hätte. Die Gesellschaft muss sich zu diesem Zeitpunkt in einer Krise befunden haben, unterkapitalisiert oder überschuldet gewesen sein. Ein Darlehen hat demzufolge eigenkapitalersetzenden Charakter, wenn die Gesellschaft den zur Fortführung notwendigen Kapitalbedarf im gleichen Zeitpunkt nicht durch einen Kredit zu marktüblichen Bedingungen hätte decken können.

Besondere Bedeutung erlangt diese Vorschrift bei durch den Gesellschafter besicherten Bankdarlehen. Erfolgte die Darlehensgewährung gemäß § 32 a Abs. 2 GmbHG zu einem Zeitpunkt, als ihr eine Eigenkapitalersatzfunktion zukam, nicht durch den Gesellschafter, sondern durch einen Dritten, und hat sich der Gesellschafter dem Dritten gegenüber verbürgt oder für das Darlehen eine Sicherheit bestellt, so muss der Gläubiger primär seinen Anspruch gegenüber dem Gesellschafter geltend machen.

Der Gläubiger kann mit seiner Forderung am Insolvenzverfahren nur insoweit teilnehmen, als er durch die Verwertung der Sicherheit keine Befriedigung erlangt hat. Damit weist der § 32 a Abs. 2 GmbHG dem Dritten eine dem absonderungsberechtigten Insolvenzgläubiger vergleichbare Rechtsstellung zu, der nur anteilsmäßige Befriedigung seiner Forderung erhält, soweit er mit der Geltendmachung seines Absonderungsrechts ausgefallen ist, vgl. § 52 InsO.

Abwehrmaßnahmen:

Verteidigung oder Vergleich

Es gibt verschieden Ansatzpunkte, um eine Insolvenzanfechtung abzuwehren – sowohl vor als auch nach Geltendmachung durch den Insolvenzverwalter. Meine Strategien für die Abwehr von Anfechtungen lauten:

  • Verteidigung (außergerichtlich und gerichtlich) gegen fehlerhafte Anfechtungen
  • anwaltlicher, außergerichtlicher Vergleich mit dem Insolvenzverwalter – auch bei rechtlich zulässigen Anfechtungen

Insolvenzstrafrecht bei der GmbH

Insolvenzstrafrecht bei der GmbH – rechtzeitig handeln, strategisch vorgehen.

Fakten:

  • Das Insolvenzgericht leitet jede Insolvenzakte an die Staatsanwaltschaft weiter.
  • Staatsanwälte und Gerichte verlassen sich häufig auf die (oft unvollständigen) Angaben des Insolvenzverwalters.
  • Insolvenzanträge werden in der Regel ein bis zwei Jahre zu spät gestellt.
  • Nach Schätzungen kommt es bei 80 bis 90 % aller Insolvenzen zu Straftaten. Die Aufklärungsquote liegt bei 99%.
  • Viele Pflichtverletzungen des Unternehmers stellen eine Straftat dar, ohne dass dieser es weiß.
  • Bankrottdelikte sind auch bei Fahrlässigkeit und als Versuch strafbar.
  • Eine Verurteilung kann ein Berufsverbot (Inhabilität) nach sich ziehen.
  • Eine Verurteilung wegen einer Straftat kann die Restschuldbefreiung in der Privatinsolvenz verhindern.

Die beste Möglichkeit eine Strafbarkeit zu vermeiden ist,
rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen.

  • Insolvenzstraftaten oder Bankrottstraftaten (§ 283 ff. StGB) nennt man Straftaten, welche mit der Eröffnung oder der Durchführung eines Insolvenzverfahrens in Verbindung stehen.
  • Eine Insolvenzstraftat liegt bei einem Schuldner nur dann vor, wenn er während einer wirtschaftlichen Krise gehandelt hat.

Eine solche Krise kann bei Überschuldung vorliegen, also wenn Ihr Vermögen bestehende Verbindlichkeiten eindeutig nicht mehr decken kann (§ 19 Abs. 2 InsO). Eine wirtschaftliche Krise wird auch bei akuter Zahlungsunfähigkeit angenommen. Diese liegt vor, wenn ein Schuldner nicht mehr in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (§ 17 Abs. 2 InsO). Auch reicht bereits eine drohende Zahlungsunfähigkeit aus, die dann anzunehmen ist, wenn ein Schuldner aller Voraussicht nach nicht mehr seine Verpflichtungen zum Zeitpunkt der Fälligkeit erfüllen können wird. Dabei ist regelmäßig ein Zeitraum von einem Jahr in Betracht zu ziehen (§ 18 Abs. 2 InsO).

Hierzu meine Ausführungen unter:

Download FormularInsolvenzantrag der GmbH – Wann liegt „Insolvenzreife“ vor?

Die Insolvenzstraftaten dienen in erster Linie dem Schutz der Vermögensinteressen des Insolvenzgläubigers gegen böswillige oder leichtsinnige Handlungen der Insolvenzschuldner und unterstützen eine ordnungsgemäße Durchführung des Insolvenzverfahrens.

I. Bankrottdelikte ( § 283 StGB)

Italienische Geldwechsler der Renaissance haben auf Tischen (das italienische „banco“ kann ein Ladentisch oder eine Werkbank sein) ihre Dienste angeboten. Konnte ein Geldwechsler seine vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllen, wurde sein Tisch zerstört.

Ein sog. Bankrottdelikt wird verwirklicht, wenn ein Schuldner:

  • während der Insolvenz
  • bei Kenntnis einer wirtschaftlichen Krise
  • Vermögensbestandteile, welche zur Insolvenzmasse gehören würden
  • beiseite schafft, verheimlicht, zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht (§ 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB)
  • Verlust- und Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Wertpapieren oder Waren betreibt, welche den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft (einer vernünftigen, risikofreien Wirtschaftsführung) widersprechen
  • übermäßige Beträge durch unrentable Ausgaben, Spiele oder Wetten verbraucht
  • eindeutig unrentable Waren- und Wertpapiergeschäfte, unter Kreditaufnahme vornimmt
  • die Vermögensmasse dadurch zu schmälern versucht, dass er Rechte Dritter vortäuscht oder anerkennt
  • Handelsbücher und sonstige Unterlagen, sowie Bilanzen zu deren Führung und Aufbewahrung er rechtlich verpflichtet ist, pflichtwidrig beseitigt, verfälscht oder gar komplett deren Führung unterlässt und die Übersicht über den Vermögensstand dadurch zu erschweren versucht.

Ebenfalls sollten Schuldner nicht durch eine dieser Handlungen ihre Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung herbeiführen oder es versuchen, weil auch dies unter Strafe steht (§§ 283 Abs. 2, Abs. 3 StGB).

Für ein vorsätzliches Bankrottdelikt kann ein Schuldner mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft werden. Auch fahrlässiges Verhalten kann in der Konsequenz bis zu 2 Jahre Haft oder eine Geldstrafe bedeuten. In besonders schweren Fällen kann eine Freiheitsstrafe bis zu 10 Jahren auferlegt werden (§ 283a StGB).

Neben einer Strafe tritt bei einer Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Bankrottstraftat wird dem Schuldner auch eine mögliche Restschuldbefreiung im Falle eines Privatinsolvenzverfahrens versagt, vgl. § 290 Abs. I Nr. 1 InsO. Darüber hinaus tritt auch die Wirkung ein, dass der Schuldner – auch bei nur geringer Anzahl an Tagessätzen – nicht mehr Geschäftsführer sein darf (Inhabilität).

II. Gläubigerbegünstigung (§ 283c StGB)

Die Gläubigerbegünstigung ist das strafrechtliche Spiegelbild zur inkongruenten Deckung. Erforderlich ist eine inkongruente Deckung. Eine inkongruente Deckung liegt vor, wenn der Gläubiger auf den vom Schuldner gewährten Vorteil gar keinen Anspruch hat oder dieser untergegangen oder nicht durchsetzbar ist. Verjährte, (noch) nicht fällige, aber auch in dieser Art nicht bestehende Ansprüche sind folglich davon umfasst.

Hierzu meine Ausführungen unter:

Anfechtung in der Insolvenz

Im Fall einer Gläubigerbegünstigung macht sich ein Schuldner strafbar, wenn er

  • in Kenntnis einer wirtschaftlichen Krise
  • einem der Gläubiger eine Sicherheit oder Befriedigung gewährt,
  • obwohl der Gläubiger diese Sicherheit oder Befriedigung zu jener Zeit überhaupt nicht beanspruchen kann

Ein konkreter Fall, in dem der Gläubiger keinen Anspruch mehr auf die Leistung durchsetzen kann, liegt zum Beispiel vor, wenn  ein Schuldner sich schon im oder kurz vor dem Insolvenzverfahren befindet, weil in diesem Stadium bereits eine deutliche Verschuldung vorliegt und die Verwaltung des Vermögens an einen Insolvenzverwalter übertragen werden soll oder bereits übertragen wurde.

Der Begriff der Begünstigung ist weit zu verstehen: darunter fallen nicht nur Geldzahlungen an die Gläubiger, sondern auch Vermögensverfügungen in Form von Forderungsabtretungen oder Bestellungen eines Pfandrechts etc.

Das Strafmaß für den Fall der Gläubigerbegünstigung beläuft sich auf eine Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren oder eine Geldstrafe. Die Zahl der Verurteilungen ist wegen der hohen Anforderungen zum Nachweis des subjektiven Tatbestands eher gering.

Neben einer Strafe tritt bei einer Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Bankrottstraftat wird dem Schuldner auch eine mögliche Restschuldbefreiung im Falle eines Privatinsolvenzverfahrens versagt, vgl. § 290 Abs. I Nr. 1 InsO. Darüber hinaus tritt auch die Wirkung ein, dass der Schuldner – auch bei nur geringer Anzahl an Tagessätzen – nicht mehr Geschäftsführer sein darf (Inhabilität).

III. Schuldnerbegünstigung (§ 283d StGB)

Im Fall der Schuldnerbegünstigung macht sich eine außenstehende Person (also nicht der Schuldner) strafbar, wenn diese

  • in Kenntnis der wirtschaftlichen Krise eines anderen (also des eigentlichen Insolvenzschuldners),
  • dessen Vermögensbestandteile,
  • mit dessen Einwilligung oder zu dessen Gunsten,
  • beiseiteschafft, verheimlicht, zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
  • welche im Falle eines Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören würden.

Wegen Schuldnerbegünstigung bestraft werden kann man mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder mit einer Geldstrafe. Im besonders schweren Fall kann sogar eine Freiheitsstrafe bis zu 10 Jahre drohen. Auch hier ist die Zahl der Verurteilungen ist wegen der hohen Anforderungen zum Nachweis des subjektiven Tatbestands recht gering.

IV. Insolvenzverschleppung (§ 15a Abs. 4 InsO)

Wegen Insolvenzverschleppung macht sich ein Schuldner strafbar, wenn er

  • als Geschäftsführer einer juristischen Person
  • bei Kenntnis einer wirtschaftlichen Krise
  • nicht rechtzeitig

einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt. Ein Geschäftsführer eines Unternehmens hat bei Eintritt der Zahlungsfähigkeit oder Überschuldung 3 Wochen Zeit, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen.

66 % aller Geschäftsführer, die für ihre Gesellschaft einen Insolvenzantrag stellen mussten, leiteten – laut einer Studie – verspätet das Insolvenzverfahren ein.

Die Dreiwochenfrist zur Insolvenzanmeldung bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes wird irrtümlicherweise von den meisten so aufgefasst, als habe man immer drei Wochen Zeit.

Richtig ist jedoch: Ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, ist der Insolvenzantrag zu stellen. Nur wer Sanierungschancen hat und bei Insolvenzreife versucht, sie zu realisieren, kann sich damit maximal drei Wochen Zeit lassen.

Ohne Sanierungschance gilt: Der Insolvenzantrag muss sofort gestellt werden.

Der Zeitpunkt der sogenannten Insolvenzreife wird vom Insolvenzverwalter aus der Buchhaltung ermittelt unter Berücksichtigung vorliegender entsprechender Zahlungstitel und erfolgloser Vollstreckungsversuche.

Das Strafmaß für eine vorsätzliche Insolvenzverschleppung beläuft sich auf eine Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren oder eine Geldstrafe. Ebenso ist ein fahrlässiges Verhalten strafbar (§ 15a Abs. 5 InsO).

Der bewirkte Schaden und die Dauer der Verschleppung sind maßgeblich für die Strafhöhe. Bei einem großen Schaden droht Freiheitsstrafe. Der am häufigsten – und leider sehr oft – ermittelte Straftatbestand ist die Insolvenzverschleppung. Die Verurteilungswahrscheinlichkeit ist sehr hoch.

Neben einer Strafe tritt bei einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung – auch bei nur geringer Anzahl an Tagessätzen – auch die Wirkung ein, dass man nicht mehr Geschäftsführer sein darf (Inhabilität).

V. Untreue (§ 266 StGB)

Auch ebenfalls ein häufig vorkommender Fall in der Krise ist die sogenannte Untreue des Geschäftsführers.

Ein Geschäftsführer eines Unternehmens macht Person strafbar, wenn er:

  • eine Befugnis missbraucht
  • nach der sie über fremdes Vermögen verfügen oder für andere Verträge abschließen darf
  • und dadurch demjenigen, dessen Vermögensinteressen sie betreut, einen Nachteil zufügt

Ein klassischer Fall des § 266 StGB  ist es, Vermögensteile, Bankguthaben etc. zu „schützen“, indem Gelder – anstatt über das von einem Gläubiger gesperrte Geschäftskonto – über ein privates Konto laufen gelassen werden, um diese vor dem Zugriff des Insolvenzverwalters zu „retten“.

Strafbar gemäß § 266 StGB wären auch die Rückzahlung eigenkapitalersetzender Darlehen an die Gesellschafter, die Einräumung von Sicherheiten zu Gunsten von Gläubigern, Scheinverkäufe, das Wegschaffen von Waren oder anderen Vermögensgegenständen…

Die Untreue wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

VI. Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266 a StGB)

Ebenfalls sehr oft kommt auch der Fall der Beitragsvorenthaltung vor. Die Aufklärungsquote ist sehr hoch und lag in den vergangenen Jahren bei etwa 99 %.

Geschütztes Rechtsgut ist nicht etwa das Interesse des Arbeitnehmers, seinen Lohn ausbezahlt zu bekommen, sondern das Interesse der Solidargemeinschaft an der Sicherung der Sozialversicherung. Demnach hängt – wie in der aktuellen Gesetzesfassung ausdrücklich geregelt – die Strafbarkeit nicht davon ab, ob überhaupt Arbeitslohn gezahlt wurde. Auch ein Einverständnis des Arbeitnehmers, seine Anteile nicht an die Sozialversicherung weiterzuleiten, ändert an der Strafbarkeit nichts.

Der Beitragsvorenthaltung macht der Schuldner damit strafbar, wenn er als Arbeitgeber:

  • Beiträge seiner Mitarbeiter an die Krankenkasse
  • nicht oder nicht rechtzeitig abführt

Es bestehen in sehr vielen Fällen in denen Insolvenz angemeldet wird, auch Beitragsrückstände gegenüber den Krankenkassen, wodurch häufig der Straftatbestand des § 266 a StGB erfüllt wird. § 266a Abs. 6 StGB gibt dem Gericht die Möglichkeit, von Strafe abzusehen, wenn der Täter zum Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich nach Eintritt dieses Zeitpunktes der Einzugsstelle schriftlich die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und darlegt, weshalb ihm die fristgerechte Begleichung dieser Beiträge nicht möglich ist.

Das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft.

VII. Steuerhinterziehung (§§ 370 ff. AO)

Ebenso typisch wie die Beitragsvorenthaltung ist die Steuerhinterziehung in Kenntnis einer wirtschaftlichen Krise. Hierbei macht sich ein zukünftiger Insolvenzschuldner strafbar, wenn er

  • der Finanzbehörde,
  • steuerlich erhebliche Tatsachen,
  • unrichtig oder unvollständig angibt,
  • oder die Behörde über diese pflichtwidrig in Unkenntnis lässt,
  • und dadurch Steuervorteile erlangt.

Bereits die Nichtabgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen kann den Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllen.

Forderungen im Zusammenhang mit einer Steuerhinterziehung, sind von der Restschuldbefreiung ausgenommen. Nach der entsprechenden Vorschrift in der Insolvenzordnung wird dann die Restschuldbefreiung versagt „sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden ist“.

Die Steuerhinterziehung wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe bestraft.

VIII. Betrug (§ 263 StGB)

Ein ganz typischer Fall während oder vor der Insolvenz ist wohl der Betrug oder auch Eingehungsbetrug.

Ein Geschäftsführer macht sich als (zukünftiger) Insolvenzschuldner des Betruges strafbar, wenn er:

  • in der Absicht, sich oder einen Dritten
  • rechtswidrig zu bereichern
  • durch Vorspiegelung oder Unterdrücken von Tatsachen
  • gezielt beim Gegenüber einen Irrtum hervorruft, also täuscht

Der Fall des Eingehungsbetruges liegt also beispielsweise vor, wenn ein Schuldner bei Kenntnis seiner wirtschaftlichen Krise einem Gläubiger die Absicht vortäuscht, die aus einem Vertrag entstandenen Verpflichtungen zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen, aber es eigentlich für möglich hält, dass diese Zahlung nie vornehmen werden können.

Einen Eingehungsbetrug Insolvenz begeht man beispielsweise, wenn man kurz vor der Insolvenz noch Waren bestellt, obwohl man weiß, dass man diese nicht bezahlen kann. Oder man schließt einen Kredit ab und geht anschließend zum Anwalt, um Insolvenz zu beantragen. Das heißt, einen Eingehungsbetrug Insolvenz begeht man immer dann, wenn man etwas kauft beziehungsweise eine Leistung entgegennimmt, obwohl man schon beim Kauf weiß, dass man nicht bezahlen kann.

Ein Eingehungsbetrug Insolvenz ist besonders leicht nachzuweisen, wenn man bereits die eidesstattliche Versicherung abgeben musste oder man bestellt Waren, nachdem man die Insolvenz vorbereitet hat.

Ein Gläubiger hat des Weiteren Anspruch auf Schadensersatz. Dieser würde auch im Insolvenzverfahren nicht von der Restschuldbefreiung umfasst werden. Das heißt, dass diese Forderung auch nach der vermeintlichen Schuldenfreiheit beglichen werden muss. Daher halten die Gläubiger häufig an diesen Forderungen aus dem Eingehungsbetrug fest und verfolgen sie auch während eines Insolvenzverfahrens des Schuldners.

Die Begehung eines Eingehungsbetrugs wird  mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe bestraft.

Sobald Sie Kenntnis von einem gegen Sie laufendem Ermittlungsverfahren erlangen, melden Sie sich so schnell wie möglich bei mir, damit eine umgehend eine effektive Strategie entwickelt werden kann.

Meine Strategien für die Verteidigung gegen den Vorwurf von Insolvenzstraftaten lauten:

  • Akteneinsicht bei den zuständigen Behörden (Staatsanwaltschaft, Insolvenzgericht, Finanzamt, Sozialversicherung, etc.)
  • Besprechung mit den für die Gesellschaft tätigen Rechtsanwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, etc.
  • Besprechung mit dem Insolvenzverwalter der Gesellschaft
  • Umfassender Sachvortrag der während der Krise unternommenen Maßnahmen, insbesondere Sanierungsgutachten
  • Besprechungen mit der Staatsanwaltschaft, um eine Hauptverhandlung – sofern überhaupt möglich – zu vermeiden

Die Ermittlungsbehörden müssen bei Insolvenzstraftaten teils umfangreiche Ermittlungen und Beweise erheben. Bei Staatsanwaltschaften und Gerichten besteht in streitigen Fällen regelmäßig eine Bereitschaft, sich mit der Verteidigung im Rahmen eines Rechtsgesprächs zu verständigen.

  • Gerichtliche Verteidigung gegen den Vorwurf von Insolvenzstraftaten, ggf. in Zusammenarbeit mit einem Fachanwalt für Strafrecht. Wenn die Bemühungen und die Stellungnahme als Verteidiger nicht zu einer Einstellung führen oder ein Strafbefehl folgt, ist die weitere Strategie gründlich abzuwägen. Die Hauptverhandlung bedeutet „Öffentlichkeit” und bedeutet oft ein langwieriges Verfahren, Kosten für die Verteidigung und möglicherweise Aufklärung von Details, die unangenehm sind. In der Hauptverhandlung kann andererseits ein Freispruch erzielt werden. Die Chancen eines Freispruchs, die Folgen der Verurteilung und die Kosten der Verteidigung müssen abgewogen werden.

Eine Zusammenfassung der einschlägigen Vorschriften
des „Insolvenzstrafrechts“ finden Sie hier:

Download FormularInsolvenzstraftaten – Rechtsvorschriften

E-Book “Die GmbH in der Krise – Strategische Überlegungen”

Zur leichteren Lesbarkeit dieses Artikels habe ich das E-Book für Sie vorbereitet. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Lektüre und stehe Ihnen gerne für Fragen zur Verfügung.

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Rechtsanwalt Gesellschaftsrecht Jörg Streichert
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