Gesellschafterstreit Zwei-Personen GmbH – Alternative: Austritt aus der GmbH

Regelmäßig werden die Anteile eines sogenannten „bösen“ Gesellschafters im Wege der Einziehung vernichtet und damit der „böse“ Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Eine mögliche Alternative für den ausschließenden Gesellschafter wäre in diesem Fall, selbst aus der Gesellschaft gegen Abfindung auszuscheiden. Der wichtige Grund, der die Einziehung des Geschäftsanteils des „bösen“ Gesellschafters rechtfertigt, rechtfertigt in diesem Fall den Austritt des „guten“ Gesellschafters gegen Abfindung.
Rechtsanwalt Jörg Streichert
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Nachfolgend stelle ich diese Variante der Trennung dar:

1. Austritt aufgrund Satzung

Das Gesetz sieht kein Austrittsrecht des GmbH-Gesellschafters vor. Der Grund dafür ist, dass der austrittswillige Gesellschafter seinen Geschäftsanteil veräußern kann (§ 15 Abs. 1 GmbHG). Diese Erwägung trifft aber im Fall der Vinkulierung nicht zu.

Das Austrittsrecht wird meist als Kündigungsrecht gestaltet mit der Folge, dass der Geschäftsanteil entweder von der Gesellschaft übernommen oder eingezogen wird oder die Gesellschaft einen (dritten) Erwerber benennen darf.

Bei der Erwerbsvariante ist die Verpflichtung zur Bildung einer Rücklage für eigene Anteile nach § 33 Abs. 2 Satz 1 GmbHG zu beachten.

Bei der Einziehungsvariante räumt der Gesellschaftsvertrag dem Gesellschafter gegenüber der GmbH ein Recht auf Einziehung ein. Hierbei handelt es sich auf der Seite des Gesellschafters um eine Einziehung mit Zustimmung, auf der Seite der Gesellschaft dagegen um eine Zwangseinziehung. Die Abfindung des Gesellschafters muss in diesem Falle aus dem nicht nach § 30 Abs. 1 GmbHG gebundenen Vermögen der Gesellschaft aufgebracht werden.

Zu einem statutarischen Austrittsrecht gehört unbedingt eine Regelung der von dem austretenden Gesellschafter zu beanspruchenden Abfindung.

2. Der Austritt ohne Satzungsregelung

Dem Gesellschafter einer GmbH steht auch ohne entsprechende Satzungsregelung das Recht zu, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes aus der Gesellschaft auszutreten. Dieses Recht zu den unverzichtbaren Mitgliedschaftsrechten. Es kann dann geltend gemacht werden, wenn Umstände vorliegen, die den weiteren Verbleib in der Gesellschaft unzumutbar machen.

Das Austrittsrecht aus wichtigem Grund darf nicht durch strengere Maßstäbe im Gesellschaftsvertrag faktisch abgeschafft werden.

Der Gesellschaftsvertrag kann aber Höhe, Berechnung, Leistung und Zahlungsweise der Abfindung im Einzelnen regeln.

Die Unzumutbarkeit des weiteren Verbleibs in der Gesellschaft kann sich auch aus dem persönlichen Bereich des Gesellschafters ergeben, sofern eine sachliche Beziehung zur Gesellschaft besteht. Als Fälle der Unzumutbarkeit sind anerkannt grundlegende Umgestaltungen des Gesellschaftsverhältnisses, eine Vergrößerung des Haftungsrisikos aus § 24 GmbHG durch Kapitalerhöhung, die Verweigerung einer möglichen Gewinnausschüttung („Aushungern“ der Minderheit) sowie Verletzung schutzwürdiger Belange des Gesellschafters durch Missbrauch einer Mehrheitsmacht, aber auch ein schwerwiegendes persönliches Zerwürfnis der Gesellschafter.

Voraussetzung ist, dass der Austritt als einziges Mittel (ultima ratio) verbleibt, um eine für den austrittswilligen Gesellschafter unzumutbare Situation zu beheben.

Zudem ist der Austritt auch gegenüber der Veräußerung des Geschäftsanteils subsidiär: Wenn der Gesellschafter seinen Geschäftsanteil – wenn auch mit erheblichen finanziellen Einbußen – verkaufen kann, kommt der Austritt nicht in Betracht.

3. Wirkung des Austritts

Die Wirkung des Austritts setzt ein mit dem Zugang der Austrittserklärung bei der Gesellschaft.

Die Austrittserklärung des Austrittsberechtigten hat zur Folge, dass die Gesellschaft berechtigt und verpflichtet wird, gegen Abfindung des Gesellschafters nach ihrer Wahl entweder seinen Geschäftsanteil einzuziehen oder dessen Abtretung an sich oder an einen von ihr zu benennenden Dritten zu verlangen.

Der Austrittswillige bleibt aber noch Gesellschafter, solange nicht seine Geschäftsanteile entweder eingezogen oder an die Gesellschaft oder einen Dritten übertragen worden sind.

Die Gesellschafterstellung des austretenden Gesellschafters hat sich, wenn er zunächst bis zur Zahlung der Abfindung Gesellschafter bleibt, mit der Austrittserklärung dergestalt gewandelt, dass seine Pflichten auf einen Beitrag zur Erhaltung der Gesellschaft und seine Rechte auf die Wahrung seiner vermögensrechtlichen Belange reduziert worden sind.

Die Austrittserklärung hat weiter zur Konsequenz, dass der austretende Gesellschafter bestimmten mitgliedschaftlichen Pflichten, wie dem Wettbewerbsverbot nicht mehr oder nur noch eingeschränkt unterliegt. wenn der Betroffene trotz verbleibender Gesellschafterstellung bis zur Wirksamkeit seines Austritts auf die Angelegenheiten der Gesellschaft keinen nachhaltigen Einfluss mehr nehmen kann.

Kündigt ein Gesellschafter das Gesellschaftsverhältnis mit der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Folge seines Ausscheidens, dann ist er ab Zugang der Kündigungserklärung bei der Gesellschaft an diese Erklärung gebunden. Der ausscheidende Gesellschafter kann dann einseitig weder bewirken, dass er doch in der Gesellschaft bleibt, noch, dass er wieder in sie aufgenommen wird.

Entscheidet sich die Gesellschaft für die Einziehung, so kann diese im Fall des Austritts aus wichtigem Grund vollzogen werden, ohne dass sie im Gesellschaftsvertrag zugelassen sein müsste, setzt aber ebenso wie die Abtretung an die Gesellschaft Volleinzahlung der Stammeinlage und Leistung der Abfindung an den Austretenden aus dem über das Stammkapital hinaus vorhandenen Vermögen voraus.

Der austretende Gesellschafter hat einen Anspruch auf Abfindung, der statutarisch nicht ausgeschlossen werden kann und für den die Gesellschaft auch im Falle der Übertragung des Geschäftsanteils auf einen Dritten haftet.

Der Abfindungsbetrag ist entsprechend dem vollen wirtschaftlichen Wert (Verkehrswert) des Geschäftsanteils im Zeitpunkt des Zugangs der Austrittserklärung zu berechnen, soweit nicht der Gesellschaftsvertrag eine abweichende Abfindungsklausel enthält.

Im Falle des Austritts aus wichtigem Grund ist eine gesellschaftsvertragliche Abfindungsbeschränkung unwirksam, soweit sie die Freiheit zum Austritt unvertretbar stark beschränkt. Stellt sich nach der Einziehung des Geschäftsanteils oder seiner Übertragung heraus, dass die Abfindung nur aus gebundenem Vermögen erbracht werden kann, so hat der ausgeschiedene Gesellschafter ein Recht auf Auflösung der Gesellschaft.

Icon Speaker Podcast

Audio Podcast dieses Artikels hören!

19 Minuten Dauer | Ai generierte Stimme | Copyright 2024 by Jörg Streichert

Audio Podcast: Gesellschafterstreit Zwei-Personen GmbH – Alternative: Austritt aus der GmbH

Rechtsanwalt Gesellschaftsrecht Jörg Streichert
Nach oben scrollen
x  Powerful Protection for WordPress, from Shield Security
This Site Is Protected By
Shield Security