Inhalt: Gesellschafterstreit 50:50 GmbH Einziehung der Geschäftsanteile, einseitige Einziehung 50:50 GmbH, wechselseitige Einziehung 50:50 GmbH, Gesellschafterliste bei der Einziehung 50:50 GmbH

Gesellschafterstreit - Wechselseitige Einziehung in der Zweipersonen GmbHDie Auswirkungen der Stimmengleichheit auf die Einberufung und die Abhaltung der Gesellschafterversammlung der paritätischen GmbH wurden in dem Beitrag „Gesellschafterstreit 50:50 GmbH – Gesellschafterversammlung“ erörtert.

Von besonderer Bedeutung sind jedoch die Besonderheiten, die es bei den Beschlüssen über die Einziehung der Geschäftsanteile zu beachten gilt.

In diesem Beitrag werde ich auf die entscheidenden Streitpunkte bei der Einziehung der Geschäftsanteile in der 50:50 GmbH darstellen. Dabei werden die einseitige Einziehung, die wechselseitige Einziehung und die Gesellschafterliste bei der Einziehung näher beleuchtet.

 Haben sich die Gesellschafter untereinander zerstritten, wird die Abberufung des anderen Geschäftsführer-Gesellschafters in aller Regel mit der zwangsweisen Einziehung dessen Geschäftsanteile kombiniert.

Da die Einziehung den Verlust der Mitgliedschaftsrechte zur Folge hat, wird sie in der paritätischen GmbH bevorzugt als probates Mittel verwendet, um den unliebsamen Mitgesellschafter aus der Gesellschaft zu drängen.

Sollen die Geschäftsanteile eines Gesellschafters zwangsweise eingezogen werden, bedarf es einer entsprechenden Regelung in der Satzung (§ 34 Abs. 2 GmbHG) – die Einziehungsgründe sind so exakt wie möglich zu formulieren.

Von diesen Gründen hat der wichtige Grund in der Person des Betroffenen eine sehr praxisrelevante Stellung. Bei der Beschlussfassung hat der Betroffene kein Stimmrecht (§ 47 Abs. 4 GmbHG).

Die Einziehung wird – sofern nicht in der Satzung etwas anderes geregelt ist – mit Bekanntgabe des Beschlusses gegenüber dem Betroffenen sofort wirksam.

Durch die Einziehung gehen die Geschäftsanteile unter, wodurch der verbleibende Gesellschafter in der Zwei-Personen-GmbH zum Alleingesellschafter wird.

Neben der Einziehung kann auch Klage auf Ausschließung des anderen Gesellschafters erhoben werden. Während die Auflösungsklage nach § 61 GmbHG einen wichtigen Grund in den Verhältnissen der Gesellschaft voraussetzt (z.B. eine nachhaltige Zerrüttung zwischen den Gesellschaftern), bedarf es bei der Ausschließungsklage lediglich eines wichtigen Grundes in der Person des Gesellschafters.

I. Einseitige Einziehung in der 50:50 GmbH

Bei der Beurteilung des wichtigen Grundes für die Einziehung der Geschäftsanteile ist zunächst festzuhalten, dass an diesen auch hier besonders strenge Anforderungen zu stellen sind.

Liegt ein tiefgreifendes Zerwürfnis zwischen den Gesellschaftern vor, gilt das in meinem Beitrag „Gesellschafterstreit 50:50 GmbH – Abberufung Geschäftsführer“ Gesagte.

Liegt in den Personen beider Gesellschafter ein wichtiger Grund für die Einziehung vor, ist der Beschluss über die Einziehung der Geschäftsanteile nur eines der beiden Gesellschafter unwirksam und damit anfechtbar; dies gilt freilich auch für die Ausschließungsklage.

In diesem Fall müssen die Gesellschafter Klage auf Auflösung der Gesellschaft nach § 61 GmbHG erheben.

Der Grund für diese von der Rechtsprechung und der Literatur vertretene Auffassung liegt in der Beziehung zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern.

Die Treuepflicht der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft gründet sich maßgeblich auf dem Verbot, die GmbH – als ein von den Gesellschaftern autonomes Rechtssubjekt – zu schädigen. Dies setzt jedoch voraus, dass ein objektiver Wertemaßstab in der GmbH existiert, an dem die Treuepflicht gemessen werden kann.

Dieser fehlt jedoch, wenn sich beide Gesellschafter gesellschaftsschädigend verhalten und in ihren Personen daher jeweils ein wichtiger Grund vorliegt.

In diesem Fall geben sie zu erkennen, dass ihnen der Schutz der Gesellschaft egal ist; ein objektiver Wertemaßstab existiert außerhalb der Vorschriften über die Insolvenz und der Existenzvernichtungshaftung in diesem Fall nicht.

Wenn die Einziehung der Geschäftsanteile eines Gesellschafters aus wichtigem Grund den Zweck hat, diesem die Einflussnahme auf die Gesellschaft zu entziehen, dann ist es kaum erträglich, wenn ein Gesellschafter den Schutz der GmbH als Argument für die Einziehung vorträgt, obwohl ihm dieser selbst egal ist.

Hinsichtlich der vorläufigen Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses im Fall der förmlichen Feststellung gilt, dass auch hier die materielle Rechtslage gilt. Es muss also tatsächlich ein wichtiger Grund vorliegen.

Andernfalls verlöre der durch die Einziehung vorläufig ausscheidende Gesellschafter durch die bloße Behauptung eines wichtigen Grundes seinen Einfluss in der Gesellschafterversammlung, so dass der andere mit 100 % der Stimmen einstweilen „schalten und walten“ könnte, wie er möchte. Dieser Eingriff ist noch gravierender, als wenn der Betroffene lediglich seine Geschäftsführerstellung verlieren würde.

Dies muss auch dann gelten, wenn andere, in der Satzung festgelegte Einziehungsgründe eine rechtliche Wertung erfordern, z.B. Zahlungsunfähigkeit eines Gesellschafters.

Zwar ist die Fallgruppe des wichtigen Grundes als ein unbestimmter Rechtsbegriff wesentlich anfälliger für Fehleinschätzungen als ein fest definierter Einziehungsgrund.

Aber auch hier kann es in Einzelfällen zu rechtlichen Fehleinschätzungen kommen.

Zudem ist folgendes zu beachten:

Während bei der Abberufung eines Geschäftsführers das Registergericht den betreffenden Beschluss prüfen kann, hier eine bloße Behauptung also offenbar wird, ist dies bei der Einziehung nicht der Fall. Bejaht der Versammlungsleiter einen lediglich behaupteten Einziehungstatbestand, würde der Beschluss mit Feststellung einstweilen wirksam werden.

II. Gesellschafterliste bei der Einziehung

Ist die Einziehung gegenüber dem Betroffenen erklärt worden, hat der Geschäftsführer die geänderte Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen (§ 40 Abs. 1 GmbHG).

Diese Einreichung hat weitreichende Konsequenzen, da der dort eingetragene Gesellschafter im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Geschäftsanteils, und damit als Inhaber der Gesellschafterrechte gilt (§ 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG).

Dies gilt auch dann, wenn der zugrundeliegende Einziehungsbeschluss unwirksam ist, so dass es auf die Frage der tatsächlichen Beschlusswirksamkeit nur nachrangig ankommt.

Für die paritätische GmbH bedeutet das, dass die geänderte Gesellschafterliste den verbleibenden Gesellschafter als Alleingesellschafter ausweist, wohingegen der ausscheidende Gesellschafter sämtliche seiner Rechte verliert.

Da ein Notar bei der Einziehung nicht mitwirkt und das Registergericht die Gesellschafterliste lediglich auf formelle Fehler prüfen darf, kann der Geschäftsführer die Liste ohne eine weitere Kontrollinstanz einreichen.

Nur er allein ist verpflichtet zu prüfen, ob die Gesellschafterliste die Gesellschafterstruktur richtig wiedergibt, insbesondere ob der zur Veränderung im Gesellschafterbestand führende Einziehungsbeschluss wirksam ist (§ 40 Abs. 1 Satz 2 GmbHG).

Ist der verbleibende Gesellschafter zugleich Geschäftsführer und will er seinen Mitgesellschafter aus der Gesellschaft drängen, wird er in aller Regel die geänderte Gesellschafterliste auch dann einreichen, wenn er die Unwirksamkeit des Einziehungsbeschlusses befürchtet, um einstweilen Tatsachen zu schaffen.

Die Aufnahme eines Widerspruchs durch den betroffenen Gesellschafter in die neue Gesellschafterliste nach § 16 Abs. 3 Satz 3 GmbHG ist hier nicht zielführend, denn ungeachtet der Tatsache, dass ein solcher Widerspruch bei einem eingezogenen – und damit vernichteten – Geschäftsanteil unzulässig sein dürfte, verhindert er auch nur den gutgläubigen Erwerb, stellt jedoch nicht vorläufig die materielle Rechtslage in Bezug auf die Einziehung wieder her.

Bei einem gefassten Einziehungsbeschluss bleibt für den betroffenen Gesellschafter also nur der Weg der Anfechtungsklage.

Ist die Gesellschafterliste bereits eingereicht, kann er den Antrag mit einer Klage gegen die Gesellschaft auf Berichtigung der – nach seiner Ansicht – unrichtigen Gesellschafterliste verbinden.

Da das gerichtliche Verfahren jedoch mitunter Jahre dauern kann, kann er diesen Anspruch auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend machen.

Dabei sind die Anträge entscheidend:

Zunächst könnte der Betroffene vor der Versammlung ein Antrag gegen den Mitgesellschafter stellen, ihm zu untersagen, für den Einziehungsbeschluss zu stimmen. Sehr schwer durchzusetzen, aber zulässig.

Scheitert dieser Antrag, und fasst der Mitgesellschafter den Einziehungsbeschluss, sollte der Betroffene einen Antrag stellen, der es dem Antragsgegner untersagt, die geänderte Gesellschafterliste einzureichen.

Der Betroffene muss hier schnell handeln. Teilweise wird angenommen, dass im einstweiligen Rechtsschutz sowohl ein Antrag unbegründet ist, der sich auf die Korrektur der bereits eingereichten Gesellschafterliste richtet, als auch jener, der die Gesellschaft verpflichtet, den Betroffenen trotz eingereichter Liste weiterhin als Gesellschafter zu behandeln. Begründet wird dies mit dem Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache.

Die wohl h.M. sieht einen solchen Antrag hingegen als zulässig an. Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist bereits nicht zu befürchten, da die Hauptsache auf die Vernichtung des Einziehungsbeschlusses gerichtet ist, der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung jedoch nur einen Annexanspruch betrifft.

Unabhängig davon, steht die Vorwegnahme der Hauptsache dem Erlass einer einstweiligen Verfügung bei gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten auch nicht generell entgegen.

Zudem verletzt diese Ansicht auch die Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes.

Andernfalls könnte ein Geschäftsführer-Gesellschafter einfach eine geänderte Gesellschafterliste einreichen – auch ohne zugrundliegenden Beschluss -, wohingegen der Betroffene mindestens zwei Instanzen durchstehen muss, bis er seine Rechte im Hauptsacheverfahren zurückerwirbt.

Andernfalls entstünde ein Wettlauf zwischen dem Geschäftsführer, der die neue Gesellschafterliste einreicht, und dem Gesellschafter, der die erlassene einstweilige Verfügung dem Antragsgegner zustellt.

Der Antragsteller will hier nur den Status-quo wahren, sodass eine Regelungsverfügung nicht strengeren Voraussetzungen unterliegen kann, als eine Unterlassungsverfügung.

III. Die wechselseitige Einziehung in der 50:50 GmbH

Zu diesen Grundsätzen sind auch Besonderheiten zu beachten, wenn die Gesellschafter die Geschäftsanteile wechselseitig einziehen wollen. Die Reihenfolge der Tagesordnungspunkte bei wechselseitiger Abberufung ist unerheblich, so dass beide Beschlüsse in ein und derselben Versammlung abzuhandeln sind.

Wird zuerst die Einziehung der Geschäftsanteile des einen Gesellschafters beschlossen und streicht daraufhin der ananderedere verbleibende Gesellschafter den zweiten Einziehungsbeschluss mit dem Argument von der Tagesordnung, der Mitgesellschafter habe seine Teilnahmerechte trotz der Wirkungen des § 16 Abs. 1 GmbHG durch die Einziehung verloren, ist der gefasste Einziehungsbeschluss allein aus diesem Grund anfechtbar.

Beide Beschlüsse müssen bereits deshalb gemeinsam behandelt werden, um eine gegenseitige Abwägung der wichtigen Gründe zu ermöglichen.

Auch hier sind die wechselseitigen Einziehungsbeschlüsse unwirksam, wenn bei beiden Gesellschaftern der wichtige Grund vorliegt.

Denn eine gemeinsame Beschlussbehandlung und gleichzeitige Wirksamkeit der Einziehung würde bedeuten, dass sämtliche Geschäftsanteile an der GmbH untergehen und diese damit keine Gesellschafter mehr hat.

Aufgrund meiner Erfahrung aus zahlreichen begleiteten Streitigkeiten unter Gesellschaftern
erstreckt sich meine Unterstützung auf:

  • die Vorbereitung von Gesellschafterversammlungen und Beschlüssen im Konfliktfall,
  • die Begleitung in Gesellschafterversammlungen im Konfliktfall,
  • die Planung von Trennungsstrategien (Fälle der Kündigung, des Ausschlusses und der Einziehung von Gesellschaftsanteilen) und Verteidigungsstrategien hinsichtlich des Verbleibens in der Gesellschaft,
  • die außergerichtliche und gerichtliche Vertretung zur Durchsetzung bzw. Abwehr von Ansprüchen, insbesondere auch im Zusammenhang mit Abfindungszahlungen sowie
  • die Beratung und Vertretung bei der Abberufung bzw. Amtsniederlegung des Geschäftsführers.

Gemeinsam mit meinen Mandanten entwickle ich eine erfolgversprechende Strategie bei Streitigkeiten unter Gesellschaftern und setze diese mit den verfügbaren rechtlichen und taktischen Mittel entsprechend um.

Weitergehende – ausführliche – Informationen zu dem Themenkreis „Streitigkeiten unter Gesellschaftern“ finden Sie hier:

Mein eBook „Streitigkeiten unter Gesellschaftern“

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