Firmenfortführung Einzelkaufmann,
Haftung nach § 25 HGB

Maßgeblich für das Vorliegen oder Nicht-Vorliegen einer Firmenkontinuität ist stets die Verkehrsanschauung.
Rechtsanwalt Jörg Streichert
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Aktuelle Entscheidung OLG Hamm (Aktenzeichen I-2 U 29/17) zur Haftung wegen Firmenfortführung Einzelkaufmann nach § 25 HGB

  • Für die Firma eines Einzelkaufmanns, der neben seinem Familiennamen auch seinen Vornamen firmenmäßig führt, sind beide Bestandteile gleichermaßen prägend.

Wird der Vorname im Zuge der Übertragung des Unternehmens auf einen Dritten ausgetauscht, stellt dies eine derart gravierende Änderung dar, dass der Geschäftsverkehr von einem gänzlich anderen Unternehmen ausgehen muss.

Die für eine Haftung aus § 25 I HGB erforderliche Firmenkontinuität ist nicht gegeben.

(OLG Hamm, Urteil vom 18.9.2017, Aktenzeichen I-2 U 29/17)

A. Tatbestand

Ralf B. führte einen Schweinemastbetrieb. Im Zeitraum zwischen Oktober und Dezember 2010 bezog er Futtermittel bei K. Ab August2011 überließ Ralf B. den Betrieb seiner Ehefrau Annika B.

K. nimmt nun Annika B. unter dem Gesichtspunkt der Haftung des Erwerbers bei Geschäfts-  und Finnenfortführung gemäß § 25 Abs. I Satz 1 HGB auf Zahlung der Kosten für die Futtermittel in Höhe von € 100.000,00 in Anspruch.

B. Entscheidungsgründe

Während in der erstinstanzlichen Entscheidung eine Haftung von Annika B. aus § 25 Abs. I Satz 1 HGB bejaht wurde, sieht das OLG Hamm dies anders.

§ 25 HGB Haftung des Erwerbers bei Firmenfortführung

(2) Eine abweichende Vereinbarung ist einem Dritten gegenüber nur wirksam, wenn sie in das Handelsregister eingetragen und bekanntgemacht oder von dem Erwerber oder dem Veräußerer dem Dritten mitgeteilt worden ist.

(3) Wird die Firma nicht fortgeführt, so haftet der Erwerber eines Handelsgeschäfts für die früheren Geschäftsverbindlichkeiten nur, wenn ein besonderer Verpflichtungsgrund vorliegt, insbesondere wenn die Übernahme der Verbindlichkeiten in handelsüblicher Weise von dem Erwerber bekanntgemacht worden ist.

Ziel der Vorschrift ist es, das Vertrauen des Rechtsverkehrs in eine äußerlich erkennbare Kontinuität des erworbenen Unternehmens zu schützen und Klarheit hinsichtlich der Haftung für Verbindlichkeiten zu schaffen.

Dazu muss nicht nur das Handelsgeschäft in seinem wesentlichen Bestand fortgeführt, sondern zusätzlich die bis herige Firma nach außen hin weitergeführt werden.

Bei der Weiterführung der Firma kommt es weder auf ihre rechtsgeschäftliche Übertragung noch auf die Einwilligung des früheren Inhabers an. Aufgrund des Schutzzweckes der Vorschrift ist vielmehr der tatsächliche Gebrauch der Firma im geschäftlichen Verkehr ausschlaggebend.

Änderungen der Firma sind insoweit unschädlich, als der sie prägende Teil in der neuen Firma beibehalten wird.

Bei einem Einzelkaufmann, der neben seinem Familiennamen auch seinen Vornamen firmenmäßig führt, sind beide Bestandteile gleichermaßen prägend.

Anders als im Fall des bloßen Weglassens stellt in dieser Konstellation die Änderung der Firma von „Ralf B.” in „Annika B.” eine derart gravierende Veränderung dar, dass der Geschäftsverkehr von einem gänzlich anderen Untemehmensträger ausgehen muss.

Eine Haftung aus § 25 Abs. I Satz 1 HGB besteht folglich nicht.

C. Hinweis zur Firmenfortführung Einzelkaufmann

Anders als die Änderung des Vornamens in der Firmenbezeichnung schließt das bloße Weglassen eines Vornamens unter Beibehaltung des Familiennamens eine tatsächliche Fortführung der Firma nicht aus.

Auch das Hinzufügen, Weglassen oder Verändern von Gesellschafts- oder Rechtsformzusätzen ist regelmäßig für die Firmenkontinuität unschädlich.

Maßgeblich für das Vorliegen oder Nicht-Vorliegen einer Firmenkontinuität ist stets die Verkehrsanschauung.

Gerne berate ich Sie hinsichtlich der aufgeworfenen Fragestellungen und vertrete Sie – sofern erforderlich – auch gerichtlich.
Rechtsanwalt Jörg Streichert
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Rechtsanwalt Gesellschaftsrecht Jörg Streichert
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